Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1891. (18)

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3. In den unteren zwei Klassen wird, soweit nicht der Unterricht in der lateinischen 
Grammatik die besondere Behandlung einzelner Theile der deutschen Sprachlehre überflüssig 
macht, im Anschluß an einen Leitfaden, theilweise auch an das Lesebuch ein grammatischer, 
die Schüler zum regelrechten und sicheren Gebrauch der Schriftsprache führender Unterricht 
in folgender Abstufung ertheilt: 
4. Vierte Klasse: Eingehendere Behandlung der Laut= und Formenlehre in ihren 
wichtigsten Theilen (Brechung, Umlant, Ablaut; starke, schwache und gemischte Flexion); 
Umwandlung der direkten in die indirekte Rede und umgekehrt (insbesondere beim Uebersetzen 
aus dem Lateinischen zu üben); Wiederholung und Vertiesung der Satzlehre; Bildung 
zusammengesetzter Perioden. 
5. Fünfte Klasse: Befestigung des gesammten Lehrstoffes der vierten Klasse; außerdem 
Belehrung über die wichtigsten Versarten; Wortbildung. 
6. In den genannten zwei Klassen und ebenso auch in den vier folgenden ist darauf 
Bedacht zu nehmen, daß die früher gewonnene Kenntniß des sprachrichtigen Ausdrucks lebendig 
erhalten, erweitert und vertieft werde. 
7. Die Lektüre von Musterstücken der deutschen Literatur bildet auf allen Stufen einen 
Haupttheil des deutschen Unterrichts. Dieselbe ist so zu betreiben, daß die Schüler ein 
volles Verständniß des Gelesenen nach Juhalt und Form gewinnen, zum schönen und aus- 
drucksvollen Vortrag angeleitet werden und das Gelesene zum Ausgangspunkte und Vorbilde 
für eigene Versuche stilistischer Darstellung machen. 
8. Gedichte sind auswendig zu lernen und mit Verständniß vorzutragen. Ueber die 
Wahl der in den einzelnen Fällen auswendig zu lernenden Gedichte haben sich die Lehrer 
einer Anstalt unter einander zu verständigen. Dabei ist durch Auffrischung des früher Ge- 
lernten Sorge zu tragen, daß eine größere Anzahl klassischer Gedichte und Stellen den 
Schülern zum dauernden geistigen Eigenthum werde. 
9. In den unteren und größtentheils auch in den mittleren Klassen ist der Lektüre 
ein Lesebuch zu Grunde zu legen. Auf deutliche Aussprache, richtiges Lesen, freie Wiedergabe 
des Inhalts, Auswendiglernen von Gedichten ist auf dieser Stufe das Hauptaugenmerk 
zu richten. 
10. In den vier oberen Klassen hat die Lektüre die Aufgabe, die Schüler mit den 
bedeutendsten Kunstformen der Poesie und Prosa vertraut und mit den besten Schriftstellern 
mäöglichst bekannt zu machen. Die Hauptregeln der Poetik werden an Musterbeispielen ent- 
wickelt und den Schülern zum Verständnisse gebracht. Zu der Klassenlektüre, welche Muster- 
werke der Literatur in sachlicher, sprachlich-stilistischer, ethischer und ästhetischer Beziehung zu 
behandeln hat, tritt eine zweckmäßig geleitete und von den Lehrern wohl kontrollirte Privat-
	        
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