Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1898. (25)

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Natur der Sache begründet, da das gesammte Versicherungsverhältniß der Arbeiter in Bezug 
auf Invalidität und Alter und insbesondere auch die deßfalls im Interesse der Arbeitnehmer 
den Arbeitgebern auferlegte Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Markenverwendung nicht 
deren gegenseitige Privatrechtsverhältnisse berührt, sondern im allgemeinen Interesse geregelt 
ist und daher grundsätzlich dem Gebiete des öffentlichen Rechts angehört. Da ferner das 
Gesetz nach seinem unzweideutigen Wortlaute eine Unterscheidung nicht trifft, sondern alle 
Streitigkeiten über die Verpflichtung zur Entrichtung von Beiträgen der einschlägigen Art 
der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden überweist, so kann es auch nicht darauf an— 
kommen, aus welchem Grunde etwa ein Arbeitgeber seine deßfallsige Verpflichtung bestreitet, 
die gerichtliche Zuständigkeit, die im Gesetze nirgends vorbehalten ist, erscheint vielmehr in 
allen Streitigkeiten dieser Art ausgeschlossen. 
In diesem Sinne hat sich denn auch bereits ein an die k. sächsische Regierung er- 
gangenes Schreiben des Reichskanzlers vom 24. November 1897 (Reger Entscheidungen 
Bd. XVIII S. 247) und im Wesentlichen gleichlautend eine Entschließung des Groß— 
herzoglich badischen Ministeriums des Innern vom 8. Dezember 1897 (Zeitschrift „Die 
Arbeiterversorgung“ Jahrg. XV S. 93) in Uebereinstimmung mit dem Reichs-Versicherungs- 
amt ausgesprochen. 
Das Verhältniß, in welchem diejenige Forderung, wegen welcher im vorliegenden Falle 
die Zwangsvollstreckung eingeleitet wurde, ihren Grund hat, gehört nach Vorstehendem durch- 
aus dem Verwaltungsgebiete an. 
Hieraus ergibt sich zugleich, daß das k. Bezirksamt Pfaffenhofen zuständig war, den 
zwischen Maria Birnbeck und ihren Arbeitgebern Fersch und Kellerer entstandenen 
Streit über die Verpflichtung der Letzteren zur Nachlieferung von Versicherungsmarken seinem 
vollen Umfange nach, und demnach auch den Einwand der Arbeitsgeber, daß sie ihrer Ver- 
pflichtung zur Markenverwendung früher bereits nachgekommen seien, der Würdigung und 
Entscheidung zu unterstellen. 
6. Nun ist allerdings nach dem angeführten Art. 7 des Gesetzes vom 23. Februar 
1879, was die zweite der dort bezeichneten Voraussetzungen betrifft, auch dann, wenn das 
Verhältniß, in welchem die betreffende Forderung ihren Grund hat, dem Verwaltungsgebiete 
angehört, die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden zur Entscheidung von Einwendungen 
im Zwangsvollstreckungsverfahren auf den Fall beschränkt, daß diese Einwendungen die 
Frage betreffen, ob die Forderung, für welche die Vollstreckung stattfindet, überhaupt oder 
in der angesprochenen Größe entstanden ist. Diese Gesetzesbestimmung hat in Theorie 
und Praxis die Auslegung gefunden, daß Einwendungen im Zwangsvollstreckungsverfahren, 
welche auf das Erlöschen der betreffenden Forderung sich beziehen, immer von den Ge- 
richten, also auch bei Forderungen, welche dem Verwaltungsgebiete angehören, nicht von den
	        
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