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die Kurkosten zu bezahlen oder diesem zu erstatten, wurde weder in der Klage noch in den an die Ver-
waltungsbehörde gerichteten Anträgen behauptet. Die Thatsache allein, daß Ranzinger unter einer
bestimmten, nachmals nicht eingetretenen Voraussetzung wöchentlich O,30 M. an Dörr dadurch
zahlte, daß er sich diesen Betrag von dem verdienten Arbeitslohne abziehen ließ, konnte für ihn zwar
aus einem anderen rechtlichen Gesichtspunkte gleichfalls einen Privatrechtsanspruch, den Anspruch
auf Zurückerstattung, erzeugen, nicht aber einen vertragsmäßigen Anspruch auf Zahlung oder Er-
stattung von Kurkosten. Die Aufstellung des Armenpflegschaftsrathes in der an die Be-
schwerdeinstanz gerichteten Erklärung vom 8. Mai 1900 enthält nur eine rechtliche Schluß-
folgerung, die er aus jener Thatsache ableiten zu dürfen meinte, nicht eine andere thatsäch-
liche Begründung des Anspruchs. Aber selbst wenn man annehmen wollte, daß ein solcher
Versicherungsvertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeiter stillschweigend geschlossen
wurde, könnte die im § 58 in Verbindung mit dem § 57 Abs. 1, 2 des Krankenver-
sicherungsgesetzes und im Art 4 des Gesetzes vom 26. Mai 1892, betreffend die Aus-
führung des Krankenversicherungsgesetzes, vorgesehene Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden nicht
Platz greifen, da weder ein Erstattungsanspruch der Armenpflege gegen eine Krankenkasse,
noch der Anspruch einer Krankenkasse gegen den Arbeitgeber aus dem § 50 des Gesetzes in
Frage steht, sondern der Ersatzanspruch von der Armenpflege gegen den angeblich entschädigungs-
pflichtigen Dritten erhoben ist (v. Wödtke, Kommentar zum Krankenversicherungsgesetze 4. Auf-
lage, Anm. 1, 2a, 3, 4 zum § 57 S. 353, 355, Anm. 1 zum § 58 S. 370).
Da die Frage, ob die zur Begründung des Anspruchs aufgestellten Behauptungen sich
als gerechtfertigt erweisen, zum Grunde der Sache gehört, die Gerichte in ihre Würdigung
daher nur dann eintreten durften, wenn sie den Rechtsweg für zulässig erachteten, konnten
die in den gerichtlichen Urtheilen enthaltenen sachlichen Erwägungen kein Hinderniß bilden,
im jetzigen Verfahren die Zuständigkeit der Gerichte zu bestimmen.
Also geurtheilt und verkündet in der öffentlichen Sitzung des Gerichtshofs für Kompe—
tenzkonflikte am 3. Juli 1901, an der theilnahmen der Präsident Staatsrath Ritter
von Heller und die Räthe Radlkofer, Hübsch, Dr. Haiß, Reger, Kunkel,
Dorner, der Generalstaatsanwalt Payr und als Gerichtsschreiber der Sekretär des Obersten
Landesgerichts Schein.
gez. v. Beller.