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II. Dem Gefangenen ist die Möglichkeit zu geben, sich zur Erlangung eines Fort-
kommens an Angehörige oder sonstige Fürsorger, an den einschlägigen Obsorgeverein oder
Arbeitsnachweis, an eine Arbeiterkolonie, an die öffentliche Armenpflege, sowie wegen allen-
fallsiger Umgangnahme von einer Ausweisung an die zuständige Distriktspolizeibehörde zu wenden.
III. Die Verwaltung hat ihm hierzu den erforderlichen Rat und Beistand zu gewähren.
Für jugendliche Gefangene hat die Verwaltung die erforderlichen Einleitungen selbst zu treffen.
IV. Vorbehaltlich der nachfolgenden Vorschriften findet die Entlassung ohne Beschränkung
der persönlichen Freiheit statt.
a. Die Abreise des Entlassenen kann durch einen Begleiter in Zivil überwacht werden.
b. Wenn aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder im eigenen Interesse des zu
Entlassenden die Heimlieferung auf dem Schubwege, die Erteilung eines Zwangspasses, die
Vorstellung bei der Distrikts= oder Ortspolizeibehörde oder sonstige polizeiliche Maßregeln
nötig sind, ist im Einvernehmen mit der Distriktspolizeibehörde des Ortes, nach dem die
Entlassung stattfinden soll, deren Art und Weise zu bestimmen. Die Verwaltung hat zu
diesem Zwecke die Distriktspolizeibehörde rechtzeitig zu benachrichtigen. Die Nachricht hat
den Ort, nach dem die Entlassung erfolgen soll, und die Gründe für die Wahl dieses Ortes
zu bezeichnen. Ausnahmsweise kann die Heimlieferung auf dem Schubwege oder die Heim-
weisung mittels Zwangspasses von der Verwaltung selbständig angeordnet werden, wenn
das Einvernehmen mit der Distriktspolizeibehörde nicht ausführbar war. In solchen Fällen
ist die Distriktspolizeibehörde unter Mitteilung der Gründe unverzüglich zu benachrichtigen.
c. Ist der Gefangene in einer Stadt mit mehr als 20000 Einwohnern beheimatet,
so soll, wenn Rückfälligkeit zu befürchten ist, die Heimatbehörde, in München die K. Polizei-
direktion, von der Entlassung benachrichtigt werden, falls sie nicht schon ohnedies Kenntnis
erhält.
d. Der Vorstand kann anordnen, daß der Betrag der Arbeitsbelohnung des Gefangenen
abzüglich des nötigen Reisegeldes an die Ortspolizeibehörde des Ortes, nach dem die Ent-
lassung erfolgt, oder an den einschlägigen Obsorgeverein zur Aushändigung übersendet wird.
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1. Die Entlassung der Gefangenen erfolgt zu der Stunde, die sich auf Grund der
Strafvollstreckungspapiere als Ablauf der Strafzeit berechnet.
II. Könnte der Gefangene, wenn er zu einer früheren Stunde des Entlassungstages
entlassen würde, seinen Bestimmungsort noch an demselben Tag erreichen, so ist der Vorstand
ermächtigt, die frühere Entlassung anzuordnen. Dies gilt auch dann, wenn die Entlassungs-
stunde in die Zeit der Dunkelheit fiele. Auf seinen Wunsch kann dem Gefangenen jedoch
bis zum andern Morgen der Aufenthalt in der Anstalt gestattet werden. Fällt die Ent-