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Beilage 1 zum Gesetz= und Verordnungsblatte für das Königreich Bayern vom Jahre 1912.°)
Erkenntnis des Gerichtshofs für Kompetenzkonflikte in dem von der Regierung, Kammer des
Innern, von Schwaben und Neuburg dem Landgericht Augsburg gegenüber erhobenen Streit über
die Zulässigkeit des Rechtswegs für den von der Invalidenrentnerin Therese Renz in Lechhausen
gegen die Landesversicherungsanstalt Schwaben geltend gemachten Anspruch auf Zahlung der für
den Dezember 1910 treffenden Invalidenrente von 10 M.
Im Namen Seiner Majestät des Königs von Bayern
erkennt der Gerichtshof für Kompetenzkonflikte in dem von der Regierung, Kammer des
Innern, von Schwaben und Neuburg dem Landgericht Augsburg gegenüber erhobenen Streit
über die Zulässigkeit des Rechtswegs für den von der Invalidenrentnerin Therese Renz
in Lechhausen gegen die Landesversicherungsanstalt Schwaben geltend gemachten Anspruch
auf Zahlung der für den Dezember 1910 treffenden Invalidenrente von 10.4#
Der Rechtsweg ist unzulässig.
Gründe:
Durch den Bescheid der Versicherungsanstalt für Schwaben und Neuburg vom 30. Juli 1898
wurde der vormaligen Fabrikarbeiterin Therese Renz in Lechhausen eine jährliche Inva-
lidenrente von 124,80 —X, im Voraus zahlbar in monatlichen Teilbeträgen von 10,40 M,
zugesprochen. Die monatlichen Teilbeträge sind gegen Vorzeigung eines von der Versiche-
rungsanstalt ausgestellten Berechtigungsausweises und ÜUbergabe einer von der Gemeinde-
verwaltung beglaubigten Quittung von dem Postamte Lechhausen zu zahlen. Als Therese
Renz am 1. Dezember 1910 auf Grund der von dem Stadtmagistrate Lechhausen
beglaubigten Quittung die Rente für den Dezember 1910 bei der Postanstalt in Lech-
hausen abheben wollte, wurde ihr die Auszahlung der Rente mit dem Bemerken verweigert,
daß die ihr bei der Postanstalt in Lechhausen angewiesene Rente für den Dezember 1910
schon ausgezahlt worden sei. Die Auszahlung war auf Grund einer auf den Namen der
Therese Renz lautenden, von dem Kanzlisten Taver Ziegler unterschriftlich beglaubigten
Quittung erfolgt. Therese Renz behauptet, die Quittung sei gefälscht, und wandte sich
wegen Erstattung der Rente an den Stadtmagistrat Lechhausen und an die Oberpostdirektion
Augsburg, wurde aber von den beiden Behörden abgewiesen. Auch die von Therese Renz
angegangene Versicherungsanstalt für Schwaben und Neuburg lehnte es mit dem Bescheide
vom 16. Januar 1911 ab, die Postverwaltung neuerlich zur Zahlung der Rente anzu-
*) Ausgegeben zu München, den 24. August 1912.
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