Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1912. (39)

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der Vollzug eines Rentengewährungsbescheides verweigert, so stehe nur die Aufsichtsbeschwerde 
nach 8 125 Abs. 1 des Gewerbeunfallversicherungsgesetzes offen, der Rechtsweg aber sei aus— 
geschlossen. Das Amtsgericht München verwarf durch das Zwischenurteil vom 27. Oktober 1911 
die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs und bestimmte zur Fortsetzung der mündlichen 
Verhandlung in der Sache selbst Termin auf den 29. November 1911. Es nahm an, 
daß der Anspruch des Versicherten auf Gewährung einer Rente ein „individueller Anspruch“ 
des Versicherten sei und führte unter Bezugnahme auf das Urteil des Reichsgerichts vom 
14. Mai 1887 (Entsch. Bd. 19 S. 67 ff.) aus, daß den Organen der Unfallversicherung 
zwar die Feststellung der Entschädigungen, aber nicht die Zwangsvollstreckung der rechts- 
kräftigen Bescheide übertragen sei, daß daher in dieser Hinsicht die Zivilgerichtsbarkeit ein- 
zutreten habe. In einem Schreiben vom 28. November 1911 erklärte das Bayerische 
Landesversicherungsamt dem Amtsgerichte München gegenüber, daß es den Rechtsweg für 
unzulässig erachte. Auf eine Anfrage des Gerichts bemerkte es in einem weiteren Schreiben 
vom 15. Dezember 1911, daß es mit der Erklärung vom 28. November 1911 beabsichtigt 
habe, den Kompetenzkonflikt zu erheben. Am 30. Januar 1912 reichte das Bayerische 
Landesversicherungsamt eine Denkschrift ein. In dieser führte es aus, die Zuständigkeit 
des Gerichtshofs für Kompetenzkonflikte erstrecke sich auch auf die nach reichsrechtlichen Normen 
zu entscheidenden Angelegenheiten (Sammlung der Entscheidungen dieses Gerichtshofs Bd. 1 
Nr. 26, 38). Die Zuständigkeit richte sich nach dem Wesen des behaupteten Rechts- 
verhältnisses d. i. darnach, ob dieses Verhältnis dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht 
angehöre (Sammlung Bd. 1 Nr. 55). Hier handle es sich um einen Anspruch auf grund 
des Bauunfallversicherungsgesetzes. Die Arbeiterversicherung sei zweifellos eine öffentlich- 
rechtliche Einrichtung (Sammlung Bd. 1 S. 176) und insbesondere seien die gegen die 
Versicherungsträger gerichteten Fürsorgeansprüche ihrem ganzen Umfange nach öffentlich- 
rechtlicher Natur und der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte entzogen (Rosin, Recht der 
Arbeiterversicherung Bd. 1 § 97 III, 3 und Anmerkung 66 S. 788; Seydel Staatsrecht 
2. Aufl. Bd 3 S. 183 insbesondere Anmerkung 2). Der Fürsorgeanspruch des Johann Renner 
gegen die Baugewerksberufsgenossenschaft sei in deren Rentenbescheid vom 1. Juni 1911 rechts- 
kräftig anerkannt. Die Kontrolle des Vollzugs der Anerkennung sei gesetzliche Aufgabe der 
Aufsichtsbehörde der Genossenschaft (§ 125 Abs. 1I des Gewerbennfallversicherungsgesetzes), also in 
Bayern des Landesversicherungsamtes. Wenn auch die Zwangsmittel, die der Aussichts- 
behörde gegeben sind, nicht so ausgiebig bemessen seien wie z. B. in der Gemeindeordnung 
bei der Regelung der Staatsaufsicht über die Gemeindebehörden, so stehe der Aufsichtsbehörde 
doch das Recht der Verhängung von Ordnungsstrafen zu. Dadurch werde sie ihren An- 
ordnungen den Vollzug sichern können. Tatsächlich hätten auch das Reichsversicherungsamt 
und das Bayerische Landesversicherungsamt in ständiger Rechtsprechung den Zwangsvollzug 
rechtskräftiger Erkenntnisse den Berufsgenossenschaften gegenüber für sich beansprucht. Dieser
	        
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