Nr. 38. 593
10. Minderjährige Personen, welche sich ohne Bewilligung ihrer Eltern oder Vor-
münder in einer Gemeinde aufhalten, können auf Antrag des Inhabers der
elterlichen oder vormundschaftlichen Gewalt ausgewiesen werden. Blödsinnige oder
Geisteskranke, welche sich der Obhut jener Personen, welchen ihre Bewachung
obliegt, entzogen haben, können diesen Personen oder deren Bevollmächtigten
übergeben oder an die Gemeindebehörde des Wohnsitzes der gedachten Personen
abgeliefert werden.
Art. 4.
Die Ausweisung erstreckt sich — vorbehaltlich ihrer zivilrechtlichen Folgen — nur auf
diejenigen Personen, gegen welche ein gesetzlicher Ausweisungsgrund vorliegt.
Art. 5.
1 Das Aufenthaltsverbot kann auch auf benachbarte Gemeindebezirke erstreckt werden,
wenn ohne solche Ausdehnung eine Vereitelung des Zweckes der Ausweisung zu befürchten wäre.
II Ist in einem Bezirke das Standrecht verkündigt oder der Kriegszustand verhängt
(Gesetz über den Kriegszustand vom 5. November 1912), so kann die nach Art. 3 ver-
fügte Ausweisung auf den ganzen Bezirk ausgedehnt werden. Dies gilt nicht, wenn der
Ausgewiesene in einer Gemeinde des Bezirkes das Bürgerrecht besitzt oder wenn die Vor-
aussetzungen des Art. 6 Abs. II vorliegen.
Art. 6.
1 Angehörige des bayerischen Staates, welche auf Grund ihrer Anstellung im Dienste
des Staates, der Kirche, der Gemeinde, einer öffentlichen Körperschaft oder Stiftung oder
zur Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht in einer Gemeinde sich aufzuhalten genötigt sind
oder welche in der Gemeinde das Bürgerrecht besitzen, können aus dieser Gemeinde nicht
weggewiesen werden.
II Ferner darf Reichsangehörigen der Aufenthalt in der Gemeinde, in der sie sich nach
Vollendung des sechzehnten Lebensjahrs zuletzt länger als ein Jahr freiwillig und ununter-
brochen aufgehalten haben, dann Reichsangehörigen, die öffentliche Armenunterstützung empfangen,
der Aufenthalt am Orte der Unterstützung für deren Dauer polizeilich nicht versagt werden.
Art. 7.
1 In den Fällen des Art. 3 Ziff. 2 und 3 kann eine Ausweisung nur auf Antrag
der Gemeindeverwaltung erfolgen und muß dieselbe von der Polizeibehörde verfügt werden,
wenn jener Antrag vorliegt.
II In allen übrigen Fällen kann das Aufenthaltsverbot auf Antrag der Gemeindeverwal-
tung oder von Amtswegen erlassen werden, jedoch nur dann, wenn besondere Verhältnisse
die Annahme begründen, daß die öffentliche Sicherheit oder Sittlichkeit durch die Anwesenheit
der betreffenden Personen in der Gemeinde gefährdet wird.