Nr. 41. 617
§ 8.
Ob eine Hilfeleistung nach Art. 3 Abs. V als öffentliche Armenunterstützung oder
lediglich als Vorschuß (Darlehennothilfe) anzusehen ist, hängt von den Umständen des Falles
ab. Offentliche Armenunterstützung liegt nicht vor, wenn die dringende Not eine bloß vorüber-
gehende war und der Unterstützte Ersatz leistet, sobald die augenblickliche Not vorüber-
gegangen und er wieder in den regelmäßigen Stand seiner Leistungsfähigkeit eingetreten ist.
§ 9.
1 Durch Art. 4 Abs. I erhalten die Armenverbände das Recht, Personen, die öffentliche
Armenunterstützung genießen, zur Arbeitsleistung anzuhalten. Zeit, Ort und Art der Arbeit
bestimmen die Armenbehörden nach freiem Ermessen; nur muß die Arbeit den Kräften des
Hilfsbedürftigen angemessen sein. Die Unterstützungsempfänger können insbesondere auch
außerhalb des Gemeindebezirkes beschäftigt werden.
I. Der Unterstützte ist verpflichtet, die ihm in gesetzmäßiger Weise zugewiesene Arbeit zu
verrichten. Unbegründete Weigerung kann unter das Reichsstrafgesetzbuch § 361 Ziff. 7,
§ 362 fallen. Auch kann sie nach Art. 7 Abs. 1 zur Entziehung der Unterstützung führen
und den Anlaß zur Anordnung des armenpolizeilichen Arbeitszwangs (Art. 76ff.) geben
III! Die Armenverbände haben der entsprechenden Beschäftigung der Unterstützten, soweit
die Voraussetzungen hierfür gegeben sind, besonderes Augenmerk zuzuwenden. Sehr geeignet
ist die Beschäftigung mit landwirtschaftlichen Arbeiten schon deshalb, weil kaum ein anderer
Betrieb so viele Möglichkeiten der Verwendung menschlicher Arbeitskraft bietet und die Rück-
sichtnahme auf die Leistungsfähigkeit in dem Maße gestattet wie die Landwirtschaft.
!IV Die Befugnis der Armenverbände nach Art. 4 Abs. II, arbeitsfähigen Personen, die
trotz ernstlicher Bemühungen keinen Erwerb finden, Arbeit zu vermitteln und anzuweisen,
ist vorbeugender Natur. Es handelt sich hier sonach nicht um öffentliche Armenunter-
stützung. Zum sachgemäßen Vollzug empfiehlt sich entsprechende Fühlungnahme der Armen-
verbände mit den Arbeitsnachweisstellen.
8 10.
Die Unterstützung Hilfsbedürftiger darf Privatpersonen nur übertragen werden, wenn
diese hierzu geeignet sind, d. h. wenn sie durch ihre Eigenschaften die Gewähr für die
ordentliche Erfüllung ihrer Vertragspflichten bieten. Dies gilt namentlich für die Unter—
bringung von Kindern. Beim Abschlusse des Übereinkommens lediglich den Betrag der
Entschädigung den Ausschlag geben zu lassen, ist ebenso verboten, wie die öffentliche Ver—
steigerung der Hilfsbedürftigen. Für sogenannte Kostkinder gelten außerdem die bestehenden
besonderen Vorschriften.
Zu Art. 4.
Zu Art. 5.