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§ 3. Schmähungen aller Art, und Rohheiten des Ausdrucks, welche in ihrer Wir—
kung auf das Gefuͤhl des Lesers Schmaͤhungen gleich kommen, sind ebenfalls nicht zu ge—
statten, und zwar eben so wenig in Volksschriften, als in wissenschaftlichen Abhandlungen
oder Predigten. Denn die Kraft der Wahrheit wird durch eine solche Sprache nie erhoͤ—
het, sondern nur geschwächt, und Schriftsteller, welchen die Faͤhigkeit abgeht, im Tone
ruhiger Eroͤrterung und mit Anstand und Wuͤrde uͤber kirchliche Dinge zu sprechen, sind
insoweit auch nicht berecheigt und berufen, über diese Angelegenheiten als öffentliche Wort-
führer aufzutreten.
§ 4. Es ist gestattet, die Begebenheiten der neueren Zeit, welche auf dem Gebiere
des kirchlichen Lebens sich ereignet haben, und die Verhältnisse der katholischen Kirche gegen
den Staat und gegen andre christliche Confessionen, in Druckschrifcen zu erwähnen, zu
beurtheilen, auch namentlich die Allocutionen des römischen Stuhles, welche, indem sie
durch auswärtige Zeitungen veröffentlicht wurden, in die Reihe der politischen Erscheinun-
gen getreten sind und ein Moment der Zeitgeschichte ausmachen, aus dem Standpunkte
der protestantischen Glaubensgenossen zu beleuchten und zu widerlegen.
Allein wenn hierbei die oben § 1 — 3 ertheilcen allgemeinen Vorschrif#en um so ge-
wissenhafter zu beobachten sind, je zarter die Nakur des Gegenstandes ist, und je leichter
Ereignisse dieser Art, durch leidenschaftliche Auslegung und Verbreitung einseitiger Urtheile
darüber, erst einen so aufregenden Einfluß erlangen, bei welchem die christliche Duldung
und Eintracht Gefahr leidet, so ist insonderheit daruͤber zu wachen, daß von dem Ober—
haupte der katholischen Kirche nur mit derjenigen achtungsvollen Ruͤcksicht gesprochen werde,
welche ihm als obersten Vertreter eines auch in hiesigen Landen vollstaͤndig anerkannten
Religionsbekenntnisses gebuͤhrt.
Ebenso sind beleidigende Angriffe gegen die evangelische Kirche, von welcher Art sie
auch seien, in Druckschriften auf keine Weise zu gestatten.
§ 5. Wenn schon es den Censoren nicht zukommt, den Grund oder Ungrund der
in Druckschriften aufgestellten Behaupkungen zu untersuchen, oder Beschuldigungen, wenn
sie an sich nicht beleidigender Art sind, die Druckerlaubniß zu verweigern, so haben diesel-
ben in ihrem Urtheil doch stets daven auszugehen, daß eine mißbilligende Ansicht gegen
einzelne Handlungen oder von Einzelnen aufgestellte Grundsätze, nicht zu Beschuldigungen
gegen ganze Classen von Personen, oder gegen alle Micglieder einer Religionsgesellschaft
berechtige, und daß dergleichen Beschuldigungen um so mehr ihren Zweck verfehlen, je
größer die Allgemeinheit, die ihnen gegeben wird, und die Zahl derer ist, welche durch sie
unverdient mit betroffen werden. ·
§ 6. Daß Aufsätzen, welche in gelehrten und wissenschaftlichen Werken oder Zeit-
schriften unanstößig gefunden wurden, darum doch nicht ohne genaue Prüfung zur Auf-