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M 35.) Verordnung
wegen Ausfuͤhrung des Gesetzes uͤber das Verfahren bei Eidesleistungen
der Juden;
vom 30sten Mai 1840.
Zu Ausführung des Gesetzes vom heurigen Tage, das bei Eidesleistungen der Juden zu
beobachtende Verfahren berreffend, wird hiermit Folgendes verordnet:
& 1. Die Worschrife: daß Juden in der Regel an jüdischen Sabbath= oder Feier= Zu § 1 des
tagen mit der Eidesleistung zu verschonen, ist lediglich im Interesse der Juden selbst ge- Grkeer
geben und mag sich daher der Richter auch an diesen Tagen den Eid abzunehmen, niemals
behindert finden, sobald der Jude selbst kein Bedenken trägt. Ob eine dringende Noth-
wendigkeit vorliege, denselben auch wider seinen Willen zur Eidesleistung an solchen Tagen
zu nöthigen? ist dem pflichrmäßigen Ermessen des Richrers überlassen. Dergleichen Fälle
dringender Nothwendigkeic können z. B. vorkommen, in Leipzig zur Zeit der Messen, fer-
ner bei dem Wechselverfahren, in Unrersuchungen, wo es auf schleunige Ermittelung ei-
ner Tharsache ankommt.
§ 2. Wenn, wie im Gesetz § 3 vorgeschrieben ist, der Rabbiner oder jüdische Ge= Zu § 3 des
lehrte selbst das, bei der Eidesleistung zu gebrauchende Chummesch mit an. Gerichtsstelle Gesetes.
bringt, so liegt hierin schon eine Bürgschaft dafür, daß dieses Chummesch ein in der
Schule gültiges sei. Glaubt indessen der Richrer darüber noch einer ausdrücklichen Ver-
sicherung zu bedürfen, so ist ihm unbenommen, deßhalb besonders eine Frage an den
Rabbiner oder jüdischen Gelehrten zu richten.
§ 3. Die Eidesabnahme und die Verhandlung hierbei erfolgt in deutscher Sprache. Zu 88 4, 5, 0
Wenn es aber vorkommc, daß von ausländischen, der deutschen Sprache nicht kundigen des Gesetzes.
Juden Eide zu leisten sind, so har nicht nur der Richter dasjenige zu beobachten, was
bei gerichtlichen Verhandlungen mit Personen, die der deutschen Sprache nicht kundig
sind, oder sich in derselben niche verständlich auszudrücken wissen, überhaupt und ohne Un-
terschied der Religion zu beobachten und beziehendlich durch ausdrückliche Gesetze vorge-
schrieben ist, vergl. Generale wegen des Verfahrens in Untersuchungssachen vom 30sten
April 1783 §§ 11, 12, sondern es kann dann auch die nach § 6 des gegenwärtigen
Gesetzes von dem Rabbiner oder jüdischen Gelehrten zu erkheilende Belehrung, anstatt in
deutscher Sprache, in einer andern, dem Schwörenden verständlichen Sprache, insbesondre
auch in hebräischer Sprache ercheile werden.
§ 4. Daßf bei der Eidesleistung die Thora aufgerollt oder das Chummesch aufge-Zu 67 des
schlagen werde, und der Schwoͤrende seine Hand auf eine bestimmte Stelle darin lege, schen
ist nicht nothwendig. Will indessen der Richter das Chummesch bei der Eidesleistung