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21. Wenn dem Censor Manuseripte oder, in selbigen, Stellen von auffallend bös-
williger oder revolutionärer Tendenz vorkommen, so hat er nicht nur den Abdruck zu ver-
hindern, sondern auch, insofern die öffentliche Ruhe und Ordnung dadurch gefährdet scheint,
der Kreisdirection davon Anzeige zu machen.
22. Die Censoren haben die Genehmigung zum Drucke einer neuen Zeitschrift zu
versagen, zu welcher eine Concession nöthig, aber noch nicht beigebracht ist. Ihnen bei-
gehende Zweifel, ob es der Concession bedürfe, haben sie der Kreisdirection zur Entscheidung
vorzutragen.
23. Die Censoren haben darauf zu sehen, daß auf den ihnen vorgelegten Manu-
seripten oder Satzbogen am Schlusse einer Schrift oder eines zur einzelnen Ausgabe bestimm-
ten Bandes oder Heftes der Druckort und der Name des Duruckers, und hierüber auf jedem
Hefte einer Zeitschrift und, wenn selbige in einzelnen Nummern erscheint, auf jeder der-
selben, der Name des verantwortlichen Redacteurs angegeben sei.
24. Unter die von den Censoren nach § 35 der Verordnung vom 5ten Februar
1844 nicht zuzulassenden Erwähnungen verbotener Schriften gehören auch Beurtheilungen
und Auszüge derselben mit mehr oder minder deutlicher Bezeichnung der Quelle. Ist diese
aber nicht angedeutet, so tritt lediglich eine selbstständige Prüfung solcher Stellen ein, wenn
auch dem Censor bekannt ist, daß sie aus einer verbotenen Schrift entlehnt seien. Nur
wird sich der Censor dadurch zu desto größerer Vorsicht aufgefordert sehen.
Uebrigens haben die Censoren die Genehmigung zum Abdrucke solcher Ankündigungen
neuer Schriften zu versagen, welche den Bestimmungen der angezogenen Verordnung § 34
entgegen sind.
25. Die Censoren haben sich bei Prüfung der ihnen im Manuseripte oder Satzbo-
gen vorgelegten Schriften streng auf den Standpunct der Censur zu beschränken und mit
Erinnerungen vom wissenschaftlichen, stilistischen oder typographischen Standpuncte aus sich
nicht zu befassen.
26. Sie haben übrigens jedesmal zu erwägen, ob einer ganzen zur Censur vorgeleg-
ten Schrift oder nur einzelnen Theilen und Stellen derselben, die Druckerlaubniß zu ver-
sagen, und eine Sichtung des Unzulässigen vom Zulässigen möglich sei. Letztern Falles
sind die unzulässig befundenen Stellen genau anzugeben. Die dadurch bedingten Abände-
rungen sind aber den Verfassern und deren Stellvertretern in der Regel selbst zu überlassen;
doch bleibt es Sache freier Vereinigung derselben mit dem Censor, ob und inwiefern letz-
terer selbst Veränderungen vornehmen soll.
Nur die Censoren periodischer Blätter dürfen dem von den Redacteuren an sie gelan-
genden Wunsche, kleine Veränderungen zur Ermöglichung der Druckerlaubniß, der Kürze hal-
ber, selbst vorzunehmen, sich nicht entziehen.
Der Censor ist jedenfalls befugt, leserliche Manuseripte oder Abschriften davon zu
verlangen. Es ist aber freier Vereinigung überlassen, ob Manuscripte oder, nach schon
bewirktem Satze, Probeabdrücke davon (gedruckte Satzbogen), dem Censor vorgelegt werden