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*20. Das Vermittlungsamt der Friedensrichter erftreckt sich auf Streitigkeiten aller
Art über Privatrechte, mit Ausnahme von formellen Concurssachen, Vormundschafts-
sachen, Ehesachen. Vergl. jedoch 88§ 31, 32.
§ 21. Wegen einfacher, wörtlicher Beleidigungen kann zwar ebenfalls eine Güte-
pflegung des Friedensrichters eintreten, dieselbe darf jedoch nur auf Aussöhnung des Be-
leidigten mit dem Beleidiger, keinesweges auf Fesisetzung einer Strafe, selbst nicht eines
Verweises, oder etwa auf eine dem Beleidigten zu gewährende Vergütung an Gelde oder
Geldeswerth gerichtet werden. 1
Eine vor dem Friedensrichter erfolgte Aussöhnung des Beleidigten mit dem Beleidiger
schließt jeden späteren Antrag des ersteren oder seiner Anverwandten oder Erben auf ge-
richtliche Untersuchung und Bestrafung der Beleidigung schlechterdings aus.
§ 22. Das Vermittlungsamt des Friedensrichters tritt ein entweder auf vorgängige
Vereinigung beider Partheien, ihm ihre Rechtsangelegenheit zum Behufe einer gütlichen
Ausgleichung vorzutragen, oder auf Anrufen der einen Parthei. Im letzteren Falle ist der-
jenige Friedensrichter competent, in dessen Bezirke der andere Theil wohnt; im ersteren
Falle kann zwar jeder Friedensrichter, ohne Rücksicht auf den Bezirk, angegangen werden,
der von beiden Theilen gemeinschaftlich angegangene Friedensrichter ist jedoch nur dann
verbunden, sich der Gütepflegung zu unterziehen, wenn wenigstens einer von beiden Theilen
in seinem Bezirke wohnt.
§ 23. Niemand ist gezwungen, wegen einer Rechtsstreitigkeit, bevor solche bei Gericht
anhängig gemacht wird, den Friedensrichter um seine Vermittlung anzugehen.
Auch überhebt der Umstand, daß in einer zur gerichtlichen Verhandlung gediehenen
Rechtsstreitigkeit schon eine Gütepflegung vor dem Friedensrichter stattgefunden hat, das
Gericht nicht der eignen Gütepflegung nach den Vorschriften der Civilproceßgesetze.
Im Uebrigen können sich auch die Partheien vereinigen, in einem bereits anhängigen
Processe den Friedensrichter um seine Vermittlung anzugehen, und ist im Falle, wenn ein
Vergleich zu Stande kommt, solches dem Proceßgerichte von den Partheien anzuzeigen.
§ 24. Das Anbringen bei dem Friedensrichter kann mündlich ovder schriftlich ge-
schehen, dasselbe muß eine genaue Angabe des Namens, Standes und Wohnorts beider
Partheien und eine deutliche Bezeichnung des Gegenstandes, wegen dessen der Friedensrichter
um seine Vermittlung angegangen wird, enthalten.
§ 25. Ist das Anbringen so beschaffen, daß der Friedensrichter seine Vermittlung
eintreten lassen kann (§# 20, 21, 22, 24, 31), so hat derselbe darauf so bald als mög-
lich beide Partheien zur Gütepflegung mündlich oder schriftlich vor sich zu bescheiden.
In der zu diesem Behufe zu erlassenden Ladung muß Name, Stand und Wohnort der Par-
theien, Gegenstand, Zeit und Ort der Gütepflegung angegeben sein.
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