Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1848. (14)

(307) 
III. Verfahren vor der Anklagekammer. 
§ 18. Bei jedem Bezirksappellationsgerichte wird eine Anklagekammer gebildet. 
Sie muß, bei Strafe der Nichtigkeit, mindestens aus 3 Mitgliedern des Gerichts (Räthen 
oder Assessoren) bestehen. 
& 19. Die Anklagekammer entscheidet: 
1) über Appellationen oder Beschwerden, die gegen das Verfahren des Richters in der 
Voruntersuchung vom Staatsanwalte oder vom Angeschuldigten oder von anderen 
Betheiligten, z. B. Zeugen, eingewendet und bezüglich erhoben werden, und 
2) nach beendigter Voruntersuchung, sofern sie nicht etwa deren Vervollstän- 
digung zu verfügen für nöthig erachtet, auf Grund der ergangenen Acten über die 
Fragen 
a) ob überhaupt eine strafbare Handlung vorliege, 
b) ob das Verbrechen, dessen der Angeschuldigte bezüchtigt ist, vorliege, 
) ob und welchen Verbrechens halber der letztere in Anklagezustand zu versetzen sei, 
endlich 
d) welche Zeugen oder andere Beweismittel, die von dem einen oder dem andern Theile 
angegeben worden, zur Hauptuntersuchung mit vorgeladen oder bezüglich beschafft 
werden sollen. 
Wider die Entscheidung der Anklagekammer findet ein Rechtsmittel nicht Statt, es steht 
dem Angeklagten aber frei, die von der Anklagekammer ihm aberkannten Zeugen oder son- 
stigen Beweismittel auf eigne Kosten zur Hauptuntersuchung herbeizuschaffen. 
§ 20. Die Entscheidung der Anklagekammer ist dem Staatsanwalte, wie dem Ange- 
klagten, von dem Untersuchungsrichter, an welchen sie deshalb zu senden, ohne Verzug be- 
kannt zu machen, und wenn auf den Anklagestand erkannt ist, über die erfolgte Bekannt- 
machung durch Einsendung der auf die Entscheidung selbst gebrachten Eröffnungsregistratur 
oder durch sonstigen sichern Nachweis hierüber der Anklagekammer schleunigst Nachricht zu 
ertheilen, von der Anklagekammer aber die Entscheidung selbst mit den Untersuchungsacten 
an die Criminalbehörde (s. § 22) mittelst einfacher Ueberreichungsnotiz abzugeben. 
#J 21. Gründet die Anklagekammer ein freisprechendes Erkenntniß auf unbeschworne 
Zeugenaussagen, so kann dasselbe von der Voraussetzung abhängig gemacht werden, daß die 
betreffenden Zeugen ihre Aussage noch eidlich bestärken. 
In diesem Falle hat der Untersuchungsrichter die Vereidung der in Rede stehenden Zeu- 
gen noch vor Bekanntmachung des Erkenntnisses vorzunehmen. Aendert dabei ein Zeuge 
seine frühere Aussage in einem wesentlichen Puncte ab, oder setzt er derselben etwas Erheb- 
liches zu, so sind die Acten vorerst der Anklagekammer anderweit vorzulegen, damit diese sich 
darüber entschließen kann, ob es bei der gegebenen Entscheidung bewenden solle, oder ein 
neues Erkenntniß zu fällen sei. 
Versetzung in 
Anklagestand.
	        
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