( 327)
Anhalt dazu bietet, indem vielleicht das darin dem Angeklagten zur Last Gelegte auf einer
Alternative beruht. Ueberhaupt muß bei Stellung der Fragen in materieller Hinsicht, sofern
nicht der betreffende Abschnitt des § hiervon eine Ausnahme zuläßt, das Anklageerkenntniß
zur Richtschnur genommen werden.
Die im Schlußsatze des & aufgestellten Voraussetzungen geben an die Hand, daß da, wo
ein strafbareres Vergehen in Folge der mündlichen Verhandlung hervortritt oder hiernach eine
von dem in dem Erkenntnisse der Anklagekammer erkannten Vergehen wesentlich ver-
schiedene Willensrichtung angenommen werden muß, es einer neuen Anklage und
eines neuen Verfahrens bedarf.
Die Verschiedenheit der Willensrichtung aber muß wesentlich sein, d. h., es
kommt nicht darauf an, ob, wenn z. B. in dem Anklageerkenntnisse ein Aufruhr angenom-
men ist, dann in der mündlichen Verhandlung sich das Vergehen als eine Widersetzung gegen
die öffentliche Autorität herausstellt; denn die Willensrichtung bei dem einen Vergehen ist
nicht wesentlich verschieden von der bei dem andern Vergehen, da Beide generisch nicht ver-
schieden sind. Wohl aber würde eine Verschiedenheit der Willensrichtung anzunehmen sein,
wenn in dem Anklageerkenntnisse ein nach Art. 99 des Criminalgesetzbuchs zu beurtheilendes
Vergehen erkannt würde, und sich in der mündlichen Hauptverhandlung das Vergehen als
unter Art. 94 des Criminalgesetzbuchs gehörig darstellte, denn Beide sind nach der ihnen
unterliegenden Willensrichtung wesentlich verschieden. Auch dann würde eine solche Verschie-
denheit vorhanden sein, wenn sich statt eines vorausgesetzten Vorsatzes ein strafbares Ver-
schulden ergeben sollte.
Die an die Geschwornen zu richtenden Fragen sind entweder vom Präsidenten oder nach
dessen Angabe von dem Gerichtsschreiber niederzuschreiben und, nachdem sie laut vorgelesen
worden, schriftlich dem Obmanne der Geschwornen einzuhändigen.
§ 18. Die Geschwornen haben unter jede der ihnen vorgelegten Fragen ihren Aus-
spruch zu bringen, was nach erfolgter Berathung und Abstimmung durch den Olmann zu
geschehen hat. An ihrem Berathungszimmer ist zu Verhinderung jedes Verkehrs mit Außen
eine Wache aufzustellen, an die sich zu wenden ist, wenn die Geschwornen die Gegenwart des
Gerichtspräsiventen sich erbitten wollen. Dieß ist zulässig, sobald die einfache Mehrheit der
Geschwornen es will; doch muß das dießfallsige Ansuchen an den Gerichtspräsidenten schrift-
lich geschehen, und diese Schrift ist zu den Acten zu nehmen.
Auch darf der Präsident in dringenden Nothfällen, z. B. wenn ein Geschworner plötzlich
erkranken sollte, den Eintritt in das Berathungszimmer einem Dritten gestatten, was eben-
falls jevoch schriftlich unter Angabe des Grundes zu geschehen hat.
Der bei der Loosziehung (vergl. § 2 8 des Gesetzes) zum Obmanne gewordene Geschworne
kann, unter Zustimmung der übrigen Mitgeschwornen, seine Obmannschaft an einen andern
Geschwotnen abtreten, es ist aber solches bei der in nachstehendem § gedachten Unterschrift der
1848. 63
Zu 534.