Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1850. (16)

( 137) 
36) Verordnung, 
das Vereins= und Versammlungsrecht betreffend; 
vom 3ten Juni 1850. 
Won, Friedrich August, von GOTTES Gnaden König 
von Sachsen rc. 2c. 24c. 
haben Uns, mit Rücksicht auf die seit Freigebung des Vereins= und Versammlungsrechts ge- 
machten Erfahrungen bewogen gefunden, über die Ausübung des Vereins= und Versammlungs- 
rechts Folgendes auf Grund des § 88 der Verfassungsurkunde zu verordnen: 
Abschnitt I. 
Von den Versammlungen. 
##1. Zur Veranstaltung friedlicher Versammlungen bedarf es keiner besondern Erlaubniß. 
Das Recht, sich zu versammeln, wird unter folgenden Bedingungen ausgeübt. 
§&2. Die Zusammenberufung von Versammlungen, in welchen öffentliche Angelegen- 
heiten erörtert werden sollen, ist, selbst wenn sie öffentlich erfolgt, wenigstens 24 Stunden 
vor dem Zusammentritte der Versammlung, mit Angabe der Zeit, des Orts und Zwecks 
derselben der Polizeibehörde des Versammlungsorts schriftlich anzuzeigen, worüber der betref- 
fende Beamte sofort eine Bescheinigung auszustellen hat. 
§3. Unter den Unterzeichnern der in § 2 erwähnten Anzeige muß sich mindestens ein 
Gemeindeglied desjenigen Orts befinden, in dessen Gemeindebezirke die Versammlung gehalten 
werden soll. 
§ 4. Jeder Versammlung muß wenigstens ein von derselben als solcher anerkannter 
Ordner oder Leiter vorstehen. Die Versammlung darf daher, wenn ein Ordner oder Leiter 
oder eine Mehrzahl derselben nicht im Voraus bezeichnet worden ist, die Erörterung derjenigen 
Angelegenheit, zu deren Berathung sie zusammentrat, nicht eher beginnen, als bis die Wahl 
wenigstens eines Ordners oder Leiters erfolgt ist. Die Wahlhandlung haben diejenigen zu 
leiten, welche die Versammlung veranstalteten. 
65. Versammlungen, deren Zweck es ist, zu Gesetzübertretungen oder unsittlichen Hand- 
lungen aufzufordern, oder doch dazu geneigt zu machen, sind verboten. 
§. Die Polizeibehörde ist befugt, in jede Versammlung einen oder zwei Beauftragte zu 
senden, welche entweder durch ihre Dienstkleidung erkennbar sein müssen, oder sich den Ordnern 
oder Leitern der Versammlung, und dafern Ordner oder Leiter noch nicht gewählt, oder nicht 
anwesend find, den Veranstaltern der Versammlung als Beauftragte der Polizeibehörde zu legi- 
timiren haben. 
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