364 Der Gegenbund. 1850
Bedeutung des Wiener Vorschlags, hatte aber leider durch-
aus entgegengesetzte Ansichten über die richtige Form seiner
geschäftlichen Behandlung. Dann hatte der preußische Ge-
sandte Graf Bernstorff zahlreiche Gespräche mit dem Fürsten
Schwarzenberg über die Bildung einer provisorischen deutschen
Centralgewalt beim Ablaufe des Interims. Anfangs standen
sich die Meinungen schroff entgegen: Preußen wünschte ein-
fach Verlängerung des Interims, also Führung der Central-
gewalt durch die beiden Großmächte, bis zur Einrichtung
einer definitiven Verfassung für Gesammtdeutschland, wobei
dann der rechtliche Bestand seiner Union von Osterreich anzu-
erkennen, oder wenigstens thatsächlich nicht zu bestreiten wäre.
Dies Alles lehnte Schwarzenberg ab, indem er zugleich
auch für die provisorische Centralgewalt das siebenköpfige
Directorium und sein Gruppensystem begehrte, wovon dann
Preußen wie bisher nichts wissen wollte. Ein nassauer Hof-
rath Forsboom, ein sowohl von dem preußischen Minister
Schleinitz als von dem Fürsten Schwarzenberg geschätzter
Mann, legte darauf im April 1850 vermittelnde Vorschläge
vor, welche nach einigen Modificationen Schwarzenberg an-
nahm, und Bernstoff am 12. April seiner Regierung empfahl.
Nur noch über wenige Punkte war eine Differenz zurück-
geblieben, und Graf Brandenburg glaubte, auf eine nahe
Ausgleichung hoffen zu dürfen.
Da geschah, daß am 15. April, wie wir sahen, das Volks-
haus in Erfurt die Unionsverfassung en bloc annahm: und
kaum glaublich mochte es draußen erscheinen, daß der preußische
König von dieser Thatsache gar keinen Gebrauch zur Be-
festigung der Union machen sollte. Wenn dies aber geschähe,
wenn die Union jetzt in die Wirklichkeit träte, so theilte