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unseren westlichen Schutzgebieten. Antilopen aller Art, Giraffen, Gnus,
Zebras, Büffel und das Nashorn bevölkern die weiten Steppen, das
Nilpferd die Schilfgründe. Der Elefant, der sonst die Höhen des
Kilimandscharo bevorzugte, ist infolge der unablässigen Nachstellungen der
Elfenbeinjäger schon ein seltener Gast geworden. Das mag den Pflanzern
für ihre Plantagen sehr erwünscht sein, war aber auch ein Hauptanlaß,
daß der Gouverneur Hermann v. Wissmann energisch für Schutzmaß-
regeln gegen die Ausrottung des jagdbaren Wildes eintrat. An Raub-
tieren finden sich Leopard und Hyäne weit verbreitet, der Löwe mehr
vereinzelt in den wüstesten Regionen der trockenen Massailänder. Neuer-
dings jedoch stimmt die „Deutsch-Ostafrikanische Zeitung“ wieder ein
Klagelied an, welches beweist, daß in der Gegend von Daressalam die
Zahl der Löwen, die sich in die Nähe der menschlichen Behausungen
wagen und auf Menschen jagen, noch immer sehr groß ist. Mit Vorliebe
wählt sich der Löwe bei seinen Einbrüchen mangelhaft gebaute und schlecht
erhaltene Hütten der Eingeborenen. So brach ein Löwe in eine Hütte
bei Kurasini gegen Mitternacht ein und schleppte einen Suahelineger in
den nahen dichten Busch mit sich fort. Der Verunglückte muß sich ver-
zweifelt gewehrt und furchtbare Schmerzen auszuhalten gehabt haben,
denn fast zehn Minuten lang wurde sein lautes Geschrei in den jetzt nur
noch von wenigen Leuten bewohnten Arbeiterhäusern der Pflanzung
Temeke gehört. In einem anderen Falle hatte ein Inder zwei Stück
Vieh in eine hohe Dornumzäunung gestellt. In der Nacht übersprang ein
ungewöhnlich starker Löwe die Boma, schlug einen Ochsen und drückte mit
diesem, da er auf demselben Wege mit seiner Beute nicht wieder zurückkonnte,
die Dornhecke von innen nach außen auseinander, den Ochsen dabei
mit großer Kraft gleichsam als Mauerbrecher benutzend. In der Nähe
der Boma, im Busch, fraß er die Eingeweide und die Weichteile des
Tieres auf, den übrigen Körper ließ er liegen. Am nächsten Abend
lauerten der Fährenpächter Sabatte, ein anderer gerade die Fähre be-
nutzender Europäer und der Inder dem Räuber auf, aber dieser kehrte
nicht zu seiner Beute zurück. Da das Schußfeld durch Busch stark be-
hindert war, so vergiftete man am Tage darauf den Kadaver und setzte
die Eingeborenen davon in Kenntnis. Am Morgen des dritten Tages
fand man den einen Schenkel des toten Ochsen abgefressen und daneben
den Leichnam eines großen männlichen Löwen mit starker Mähne, die
bei den Küstenlöwen sonst nur wenig entwickelt ist.