Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1861. (27)

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14. Die Ausstellung der Austrittsbescheinigung darf dem Arbeiter und Gehülfen von 
dem Arbeitsgeber nur dann verweigert werden, wenn von Ersterem die vertragsmäßige oder die 
in der betreffenden Fabrikordnung festgesetzte oder die ortsübliche Kündigungsfrist (vergl. § 65 
in Verbindung mit § 76 des Gewerbegesetzes) nicht innegehalten ist, ohne daß ein Fall, in 
welchem der Arbeitsnehmer nach § 67 des Gewerbegesetzes zum Verlassen der Arbeit ohne 
Kündigung berechtigt ist, vorliegt, ingleichen wenn von dem Arbeitsnehmer eine im Gedinge 
übernommene Arbeit nicht beendigt, sowie, wenn die Befriedigung der Verpflegungscassen nicht 
erfolgt oder ein Vorschuß des Arbeitsgebers von dem Arbeitsnehmer nicht getilgt und doch in 
allen diesen Fällen keine der den Letzteren zum sofortigen Verlassen der Arbeit berechtigenden 
Ursachen vorhanden ist. 
Dagegen ist die Austrittsbescheinigung von dem Arbeitsgeber auch dann einzutragen, wenn 
ein nach § 66 des Gewerbegesetzes zu beurtheilender Fall der Entlassung des Arbeiters ohne 
Kündigung oder umgekehrt der Fall vorliegt, wo der Letztere die übernommene Arbeit ohne 
Kündigung zu verlassen, nach § 67 des gedachten Gesetzes berechtigt ist. 
& 15. Verweigert der Arbeitsgeber einem Arbeiter oder Gehülfen ohne genügenden Grund 
die Ausstellung der Austrittsbescheinigung, so hat der Arbeitsnehmer die Hülfe der competenten 
Behörde nach Maaßgabe der einschlagenden Bestimmungen in dem siebenten Abschnitte des 
Gewerbegesetzes in Anspruch zu nehmen. 
In einem solchen Falle kann, damit der betreffende Arbeiter in seinem weiteren Fortkommen 
nicht behindert werde, unerwartet des Austrags jener Differenz und vorbehältlich der nachträg- 
lichen Eintragung der Austrittsbescheinigung von der Sicherheitspolizeibehörde des Arbeitsorts 
beziehendlich nach Vernehmung mit der Behörde, bei welcher die Differenz anhängig ist, eine 
behufige den Mangel der Austrittsbescheinigung ersetzende Notiz zu dem Arbeitsbuche gebracht 
werden. « 
Mit Rücksicht auf letztere bleibt es solchenfalls anderen Gewerbtreibenden unbenommen, 
den Arbeiter trotz der ermangelnden letzten Arbeitsbescheinigung (vergl. § 12) in Arbeit zu 
nehmen. 
616. Die § 9 erwähnten Einträge der Sicherheitspolizeibehörden bestehen, außer dem 
in vorstehendem Paragraphen Bemerkten, theils in der Visirung der Antritts= und Austritts- 
bescheinigungen (vergl. § 10), theils in der Ertheilung von Aufenthaltsbescheinigungen, theils 
endlich in der Ausstellung von Reisevisas. 
Die Visirung der Antritts= und Austrittsbescheinigung hat die Sicherheitspolizeibehörde 
des Arbeitsorts in kürzester Weise unter den betreffenden Einträgen der Arbeitsgeber zu bewirken. 
Erst durch diese Visirung erlangen die Austrittsbescheinigungen die nöthige formelle Glaub= 
würdigkeit. 
1861. 41
	        
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