Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1861. (27)

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ein Ganzes, sondern partienweise nach praktischen Gesichtspunkten und naheliegenden Be- 
ziehungen zu behandeln sind. 
Diese Grundsätze aber ergeben in ihrer Anwendung auf die hauptsächlichsten Lehrfächer 
des Seminarunterrichts noch speciell Folgendes: 
35. Der christliche Religionsunterricht nimmt schon darum die erste und 
wichtigste Stelle im Seminarunterrichte ein, weil er die erste und wichtigste Grundlage, nicht 
blos ein Gegenstand, sondern das Princip und die lebendige Seele alles Elementar= und 
Volksunterrichts ist. Derselbe ist durchweg auf die positiv-christlichen und kirchlichen Grund- 
lagen, auf die heilige Schrift und auf das Bekenntniß der Kirche zu gründen, und umfaßt 
1) biblische Geschichte, 
2)) Katechismuslehre auf Grund und nach Ordnung von Luthers kleinem Katechismus, 
welche auch für den Seminarunterricht nicht in academische Dogmatik und Moral umzuwan- 
deln, sondern als Auslegung des Katechismusstoffes nach seinem inneren Zusammenhange, nach 
seinem reichen und tiefen Inhalte und nach seiner Gründung und Begründung auf und durch 
die Schrift unter ausdrücklicher Hinzunahme des großen Katechismus von Luther und der 
Augsburgischen Confession, als der symbolischen Schrift, auf welche außer dem kleinen Kate- 
chismus Luthers die Lehrer des Landes eidlich verpflichtet werden, zu behandeln ist, 
3) Schrift= oder Bibelkunde, worunter man Kenntniß und Erkenntniß des Inhalts der 
heiligen Schrift und ihrer einzelnen Bücher durch Lesung und Auslegung, nicht aber eine ab- 
geschwächte, gelehrte Isagogik, ein bloses äußerliches und historisches Wissen um die Schrift, 
ohne innerliche Beziehung zu ihrem Inhalte, zu verstehen hat, 
4) Kenntniß des Liederschatzes der evangelischen Kirche durch wörtliches Memoriren der 
vorzüglichsten Kirchenlieder, und endlich 
5) Geschichte der christlichen Kirche mit Hervorhebung der Geschichte der Reformation. 
Auf diesen Unterrichtsgegenstand sind wöchentlich in jeder einzelnen oder combinirten Seminarclasse 
mindestens sechs Stunden zu verwenden und es ist der Unterrichtsstoff so zu vertheilen, daß in 
den untersten Classen die biblische Geschichte mit wöchentlich vier, in den obersten der Katechis- 
musunterricht mit wöchentlich vier und beziehendlich drei Stunden vorherrscht, die Lesung und 
Erklärung der heiligen Schrift aber in den untersten Classen mit der biblischen Geschichte ver- 
bunden wird, während sie in den obersten Classen unabhängig auftritt. 
Zweck und Ziel dieses Unterrichts aber ist, daß sich der Seminarzögling den religiösen 
Stoff aneigne, als ein klar und fest erfaßtes und in ihm selbst lebendig gewordenes Eigen- 
thum, damit er in Zukunft seiner höchsten Aufgabe zu genügen im Stande sei, nämlich als 
selbst von Christo ergriffen, durch Mittheilung der heilsamen Erkenntniß des seligmachenden 
Evangeliums der christlichen Gemeinde und Kirche in den ihm anvertrauten Kindern gläubige 
und lebendige Glieder zu erziehen. 
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Lehrfächer 
ersten Ranges. 
Religionsun- 
terricht.
	        
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