Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1861. (27)

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sange und der Generalbaßlehre zur wesentlichen Förderung dient und außerdem für nicht wenige 
Schulamtscandidaten das einzige Mittel bleibt, die im Seminare erworbene Fertigkeit im 
Orgelspiele sich zu bewahren, in jedem Seminare während der ganzen Bildungszeit eines Zög— 
lings betrieben werden. Richtige technische Behandlung des Instruments, die Fertigkeit, ge— 
diegene Tonstücke von mäßiger Schwierigkeit mit Ausdruck vorzutragen, Sinn und Geschmack 
für classische Claviercompositionen ernsten Styls zu wecken und auszubilden, ist die Aufgabe 
dieses Unterrichts. 
Der Unterricht im Orgelspiele soll die Seminaristen befähigen, einst das Amt eines Or— 
ganisten würdig zu verwalten. Dazu gehört mindestens, daß dieselben jeden ausgesetzten Choral 
nach dem Hillerschen oder einem ähnlichen Choralbuche, sowie gedruckte einfache Zwischen- und 
leichte Vorspiele mit kunstgemäßem Vortrage vom Blatte spielen lernen. Die Geschicklichkeit, 
gute Zwischen= und kurze, durchaus kirchlich gehaltene Vorspiele selbst zu erfinden, ist wünschens- 
werth und wird darum ebenfalls, jedoch nur bei dazu hinreichend begabten Zöglingen ernstlich 
anzustreben sein. 
Dem Unterrichte ist eine gute Orgelschule zu Grunde zu legen, welche von den elementaren 
Manual= und Pedalübungen ausgehend, nach instructiver Methode zum Vortrage von Orgel- 
compositionen verschiedener Form führt, und auch für höhere, technische Leistungen, welche jedoch 
nur mit gut befähigten Schülern erreicht werden können, einen sichern Weg bahnt. 
Sobald die elementaren Uebungen der Schüler absolvirt sind, was in der Regel nach einem 
halben Jahre möglich sein wird, tritt das Choralspiel als stehende Uebung ein und wird mit 
den Uebungen der Orgelschule bis zum Schlusse der Seminarbildungszeit fortgesetzt. 
Außerdem ist ein kurzer Unterricht über den Bau der Orgel, sowie über die bei diesem 
Instrumente vorkommenden Fehler und deren Abstellung zu ertheilen. 
Der Unterricht im Gesange ist für den künftigen Beruf in Kirche und Schule von großer 
Bedeutung und überdieß als eines der wichtigsten Mittel zu behandeln, in sittlicher und ästhe- 
tischer Beziehung veredelnd und bildend auf das Gemüth der Seminarzöglinge einzuwirken. 
Der Gesanglehrer hat daher vor Allem die technische Ausbildung der Stimme und des Ge- 
hörs durch wohlgeordnete Uebungen in der Tonbildung und im Treffen zu pflegen, demnächst 
aber als Hauptaufgabe anzusehen, daß, so lange es noch an einem Landesgesangbuche fehlt, jeder 
Schüler von den in den Gesangbüchern des Bezirks gangbarsten Choralmelodieen in der Regel 
60 bis 70 auswendig, die übrigen aber sicher von Noten singen lerne. Endlich sind, wie 
gute Lieder, so insbesondere geistliche Figuralgesänge zu üben und dadurch die Zöglinge nicht 
nur in Bekanntschaft mit hierher gehörigen guten Tonerzeugnissen zu setzen, sondern auch zu 
passenden Wahlen für festliche Gelegenheiten zu befähigen. 
Der Unterricht im Generalbaß hat zunächst ein einfaches theoretisches Verständniß der- 
jenigen Tonstücke zu vermitteln, die der Schullehrer als Gesanglehrer, Cantor und Organist
	        
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