Form des
Unterrichts.
Seminarschule.
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beim Zeichnen die Bildung des Geschmacks, des Auges und erreichbare Fertigkeit Aufgabe und
Maaßstab sei. Es werden daher auch für die Naturgeschichte, welche nur in den beiden unter-
sten, und für die Naturlehre, welche nur in den beiden obersten Seminarclassen zu behandeln
ist, wöchentlich nur eine Stunde, für die Geographie und Geschichte zusammen wöchentlich
zwei bis drei Stunden, für Geometrie jedoch stets in getrennten Classen, wöchentlich eine
Stunde, für Schönschreiben eine Stunde, für Zeichnen in getrennten Cursen wöchentlich zwei
Stunden, für Turnen, welches jedoch nicht massenweise, sondern in der Regel classenweise zu
betreiben ist, wöchentlich zwei Stunden anzusetzen sein. Danach hat der Seminardirector
unter Zuziehung des Lehrercollegiums die Stundenpläne und Lehrgänge zu entwerfen und resp.
abzuändern und durch die Kreisdirection zu dem Königlichen Ministerium des Cultus und
öffentlichen Unterrichts zur Genehmigung einzureichen.
42. Was drittens (s. & 32) die zu wählende Form des Seminarunterrichts
anlangt, so wird dieselbe durch die doppelte Rücksicht bestimmt, daß sie der Vorbildung der
Seminarzöglinge, welche keine gelehrte ist und sein soll, angemessen sei und für sie selbst
wieder ein Vorbild der Form werde, in welcher dieselben einst zu unterrichten und zu lehren
haben. Es ist daher bei allen Unterrichtsfächern von einer blos docirenden Form, ohne die
Gegenseitigkeit, welche zwischen Lehrer und Schüler durch eingestreute Fragen und Antworten
vermittelt wird, sowie von einer abstracten wissenschaftlichen Form, wie sie etwa dem Katheder
eignet, von hochtrabenden Definitionen und Terminologieenwesen durchaus abzusehen und
eine populäre, allgemein faßliche, anschauliche, frische und lebensvolle Form zu wählen, z. B.
für den Religionsunterricht nicht die Form einer theologischen Schule oder Richtung, sondern
die christlich-praktische, durch Schrift und Katechismus festgestellte und vorgebildete; bei dem
Geschichtsunterrichte vorzugsweise die biographische, bei dem naturgeschichtlichen Unterrichte nicht
die classificirende und rubricirende, sondern die beschreibende, durch Anschauungen versinn-
lichende; bei dem Unterrichte in der Muttersprache, neben grammatikalischer Unterweisung, doch
mit Vermeidung alles trocknen und todten Formalismus, die auf Ausbildung und Läuterung
des angebornen Sprachgefühls berechnete Form verständiger Uebung und der Erklärung und
Bildung an Musterstücken. Dadurch aber wird das Seminar bei seinen Zöglingen nicht allein
ein tieferes Eindringen in die Gegenstände selbst erzielen, als durch eine abgeschwächte wissen-
schaftliche Methode, für deren Verständniß denselben die Vorbedingungen fehlen, sondern den-
selben bis zu einem gewissen Grade zugleich auch selbst schon Seminarschule sein.
#*#43. Um aber den Zöglingen Gelegenheit zu bieten, durch Berbachtung und eigene
Uebung sich zur Ertheilung des Schulunterrichts zu befähigen, bleibt überdieß auch ferner, wie
bisher, mit dem Seminare eine besondere Seminarschule verbunden. Dieselbe soll jedoch so
eingerichtet sein, daß sie den Seminarzöglingen den einfachsten Organismus einer Elementar=
volksschule zur Anschauung bringt und daß sie auf dieser Stufe als Musterschule gelten kann.