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Jahre am Kirchorte, bei mehreren verbundenen Kirchen am Orte der Mutterkirche zu geschehen.
Diese Localexpeditionen sind in der neueren Zeit, insbesondere weil sie den Kirchenäraren nicht
unbedeutende, auch wohl unverhältnißmäßige Kosten verursachten, oft Gegenstand der Beschwerde
geworden. Nun können solche allerdings, namentlich da, wo die Kirche kein, oder ein sehr ge-
ringes Vermögen besitzt, beschränkt werden; sie ganz abzuschaffen, erscheint aber nicht rathsam.
Denn wie dieß schon in den älteren Kirchengesetzen wiederholt angedeutet worden ist, soll die
Abnahme der Kirchrechnung an Ort und Stelle nicht nur mit einer Kirchenvisitation des geist-
lichen Inspectors verbunden werden, sie soll auch dem weltlichen Coinspector eine regelmäßig
wiederkehrende Veranlassung sein, in Gemeinschaft mit dem geistlichen Inspector den Mängeln
und Gebrechen im Kirchen= und Schulwesen nachzufragen und beiden Inspectoren die für ihre
Aufgabe erforderliche Localkenntniß zu verschaffen und zu erhalten.
Im Einverständnisse mit den in Evangelicis beauftragten Staatsministern verordnet daher
das Ministerium des Cultus und öffentlichen Unterrichts Folgendes:
& 1. Die Kirchrechnungen sind in der Regel von den Kirchenvorstehern (Kirchvätern)
oder von einem derselben zu führen und alljährlich abzulegen, so daß der Schluß des bürger-
lichen Jahres den Abschlußtermin bildet.
In Städten, wo von dem Stadtrathe dafür ein besonderer Rechnungsführer angestellt wird,
bewendet es dabei, so lange nicht eine Abänderung von der Kirchengemeinde beantragt und von
der Consistorialbehörde genehmigt wird.
& 2. Der Rechnungsführer hat sich dabei nach dem Formulare, welches seiner Zeit durch
die Consistorialbehörden den Inspectionen zugefertigt werden wird, zu richten, die erforderlichen
Belege nach der Reihenfolge der Rechnungsansätze geordnet und numerirt beizufügen, die Capitel
aber, welche zu keinem Ansatze Veranlassung geben, mit „Vacat“ auszufüllen.
3. An der Spitze jeder Jahresrechnung ist der Betrag des im Jahre 1 838 vorhanden
gewesenen Stammvermögens, welches nach § 1 des Gesetzes vom S8ten März 1838 unver-
mindert erhalten werden soll, sowie dessen späterer Zuwachs zu bemerken.
#.Nach Ausstellung der Rechnung ist solche von dem Pfarrer mit den Kirchenvorstehern
durchzugehen, soweit nöthig und thunlich, zu berichtigen und sodann von dem Pfarrer und allen
Kirchenvorstehern zum Zeichen ihres Einverständnisses zu unterschreiben. Haben dieselben Er-
innerungen gegen die Rechnung gemacht, die nicht sofort zu erledigen gewesen, so sind diese
der Rechnung beizufügen.
Zu dieser Vorprüfung ist auch der Collator einzuladen, welchem die Kirchenvorsteher auf
sein Verlangen die Rechnung vorher mitzutheilen haben. Seine Erinnerungen gegen die Rech-
nung, insoweit sie nicht sofort Erledigung finden, sind ebenfalls beizulegen.
#5. Nach Durchgehung der Rechnung haben die Kirchenvorsteher in Gegenwart des
Pfarrers, beziehendlich auch des Collators, den baaren Kassenbestand aufzuzählen und alle zum
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