Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1868. (34)

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Die Nothwendigkeit der Vertheidigung wird jedoch dadurch, daß nur wegen eines allge— 
meinen Straferhöhungsgrundes oder in Folge der Anwendung der Vorschriften im Art. 277 
oder im Art. 299 des Strafgesetzbuchs auf eine solche Strafe erkannt werden kann, nicht be- 
gründet, dagegen fällt dieselbe aber auch deshalb nicht weg, weil wegen eines vorhandenen oder 
behaupteten Strafmilderungs= oder Strafausschließungsgrundes in dem vorliegenden Falle nicht 
bis auf eine solche Strafe heraufgegangen werden kann. 
Art. 38b. 
Die Nothwendigkeit der Vertheidigung beginnt in dem Falle des Art. 3 8 àa unter 1 mit 
der Bekanntmachung des staatsanwaltschaftlichen Antrags und in dem Falle unter 2 mit der 
Bekanntmachung der betreffenden Entscheidung. Es ist daher der Angeschuldigte in beiden 
Fällen bei Gelegenheit dieser Bekanntmachung zur Wahl eines Vertheidigers aufzufordern und 
ihm ein solcher, dafern er dieser Aufforderung binnen drei Tagen nicht nachkommt, durch das 
Bezirksgericht von amtswegen beizuordnen. 
Die Nothwendigkeit erlischt in dem Falle unter 1, wenn das Bezirksgericht die Ver- 
weisung wegen eines geringeren Verbrechens als der in dem Falle unter 1 erwähnten Art be- 
schlossen hat. 
Art. 39. 
Die amtliche Beiordnung erlischt, sobald der Angeschuldigte selbst noch nachträglich einen 
Vertheidiger wählt (vergl. noch Art. 328). Auch kann der Angeschuldigte jederzeit, wenn 
dadurch das Verfahren nicht aufgehalten wird, die von ihm getroffene Wahl eines Vertheidigers 
abändern. 
Die Nothwendigkeit der Vertheidigung wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß der An- 
geschuldigte ein Rechtsverständiger ist und seine Vertheidigung selbst führen will. 
Der bestellte Vertheidiger bedarf zur Vornahme einzelner Handlungen und Stellung ein- 
zelner Anträge, insbesondere zur Einwendung von Rechtsmitteln und zu Gesuchen um Wieder- 
einsetzung in den vorigen Stand, keines besonderen Auftrags. Es kann jedoch der Vertheidiger 
ein Rechtsmittel nicht wider den erklärten Willen des Angeschuldigten einwenden, noch ein 
eingewendetes Rechtsmittel ohne Zustimmung des Angeschuldigten zurücknehmen. 
Wird von ihm die Wiederaufnahme einer Untersuchung (Abtheilung V) beantragt, so ist 
der Antrag zuvörderst dem von ihm Vertretenen selbst zur Erklärung vorzulegen. 
Die dem Angeschuldigten eingeräumten Befugnisse können für denselben auch von dessen 
Vertheidiger wahrgenommen werden. Nicht minder ist in allen Fällen, in welchen dem Be- 
schuldigten das Wort gestattet ist, auch dem Vertheidiger auf dessen Verlangen das Wort zu 
geben.
	        
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