Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1868. (34)

— 1089 — 
Art. 145. 
Steckbrief. 
Ist Jemand eines mit Arbeitshaus- oder einer höheren Strafe bedrohten Verbrechens 
oder eines der in den Capiteln J, II des besonderen Theils des Strafgesetzbuchs aufgeführten 
Verbrechen, selbst wenn dasselbe nur mit Gefängnißstrafe bedroht ist, glaubhaft beschuldigt und 
in seinem gewöhnlichen Aufenthaltsorte nicht aufgefunden worden, auch den Umständen nach 
anzunehmen, daß er sich der Untersuchung habe entziehen wollen, oder hat der eines solchen 
Verbrechens Angeschuldigte seiner Verhaftung oder hat der Angeschuldigte, ohne Unterschied 
des Verbrechens, der bereits angelegten Haft durch die Flucht sich entzogen, so kann der Richter 
durch ein offenes, in die Leipziger Zeitung, auch nach Befinden noch in andere öffentliche 
Blätter, wie im Art. 144, Abs. 2 bestimmt ist, einzurückendes aligemeines Ersuchen die Be— 
hörden auffordern, den Angeschuldigten festzunehmen, und an das Untersuchungsgericht abzu- 
liefern oder mittels Zwangspasses an dasselbe zu weisen. 
Die Schlußbestimmung des Art. 139 leidet auch hier Anwendung. 
Art. 146. 
Beschlagnahme des Vermögens. 
Auf den Antrag der Staatsanwaltschaft kann das Vermögen eines Angeschuldigten, gegen 
welchen nach Art. 145 ein Steckbrief erlassen worden ist, behufs der Bewirkung seiner Ge- 
stellung mit Beschlag belegt werden. Das im Bezirke des Untersuchungsgerichts befindliche 
bewegliche Vermögen des Angeschuldigten, mit Ausnahme der außenstehenden Forderungen, 
kann der Untersuchungsrichter entweder selbst oder durch das nach den Grundsätzen des bürger- 
lichen Prozesses zuständige bürgerliche Gericht mit Beschlag belegen. Dagegen ist die Beschlag- 
nahme des außer dem Bezirke des Untersuchungsgerichts befindlichen beweglichen, sowie des 
unbeweglichen Vermögens und der außenstehenden Forderungen des Angeschuldigten durch das 
gedachte bürgerliche Gericht auszuführen. 
Die Beschlagnahme ist von dem Untersuchungsrichter in der Leipziger Zeitung, auch, nach 
Befinden, noch in anderen öffentlichen Blättern, wie solches im Art. 144, Abs. 2 bestimmt 
ist, und hierüber, soweit es ohne besonderen Aufenthalt geschehen kann, auch einem der An- 
gehörigen des Angeschuldigten bekannt zu machen. 
Auch außer dem Falle steckbrieflicher Verfolgung, gleichviel ob der Angeschuldigte flüchtig 
ist oder nicht, können zur Sicherstellung wegen der Untersuchungskosten oder verwirkter Geld- 
strafen die gesetzlich zulässigen Maßregeln ergriffen werden. 
Art. 147. 
Die Beschlagnahme hat die Wirkung, daß das davon betroffene Vermögen des Flüchtigen 
auf dessen Kosten von staatswegen, und zwar, nach Befinden, durch einen von dem Gerichte 
145“
	        
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