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Art. 145.
Steckbrief.
Ist Jemand eines mit Arbeitshaus- oder einer höheren Strafe bedrohten Verbrechens
oder eines der in den Capiteln J, II des besonderen Theils des Strafgesetzbuchs aufgeführten
Verbrechen, selbst wenn dasselbe nur mit Gefängnißstrafe bedroht ist, glaubhaft beschuldigt und
in seinem gewöhnlichen Aufenthaltsorte nicht aufgefunden worden, auch den Umständen nach
anzunehmen, daß er sich der Untersuchung habe entziehen wollen, oder hat der eines solchen
Verbrechens Angeschuldigte seiner Verhaftung oder hat der Angeschuldigte, ohne Unterschied
des Verbrechens, der bereits angelegten Haft durch die Flucht sich entzogen, so kann der Richter
durch ein offenes, in die Leipziger Zeitung, auch nach Befinden noch in andere öffentliche
Blätter, wie im Art. 144, Abs. 2 bestimmt ist, einzurückendes aligemeines Ersuchen die Be—
hörden auffordern, den Angeschuldigten festzunehmen, und an das Untersuchungsgericht abzu-
liefern oder mittels Zwangspasses an dasselbe zu weisen.
Die Schlußbestimmung des Art. 139 leidet auch hier Anwendung.
Art. 146.
Beschlagnahme des Vermögens.
Auf den Antrag der Staatsanwaltschaft kann das Vermögen eines Angeschuldigten, gegen
welchen nach Art. 145 ein Steckbrief erlassen worden ist, behufs der Bewirkung seiner Ge-
stellung mit Beschlag belegt werden. Das im Bezirke des Untersuchungsgerichts befindliche
bewegliche Vermögen des Angeschuldigten, mit Ausnahme der außenstehenden Forderungen,
kann der Untersuchungsrichter entweder selbst oder durch das nach den Grundsätzen des bürger-
lichen Prozesses zuständige bürgerliche Gericht mit Beschlag belegen. Dagegen ist die Beschlag-
nahme des außer dem Bezirke des Untersuchungsgerichts befindlichen beweglichen, sowie des
unbeweglichen Vermögens und der außenstehenden Forderungen des Angeschuldigten durch das
gedachte bürgerliche Gericht auszuführen.
Die Beschlagnahme ist von dem Untersuchungsrichter in der Leipziger Zeitung, auch, nach
Befinden, noch in anderen öffentlichen Blättern, wie solches im Art. 144, Abs. 2 bestimmt
ist, und hierüber, soweit es ohne besonderen Aufenthalt geschehen kann, auch einem der An-
gehörigen des Angeschuldigten bekannt zu machen.
Auch außer dem Falle steckbrieflicher Verfolgung, gleichviel ob der Angeschuldigte flüchtig
ist oder nicht, können zur Sicherstellung wegen der Untersuchungskosten oder verwirkter Geld-
strafen die gesetzlich zulässigen Maßregeln ergriffen werden.
Art. 147.
Die Beschlagnahme hat die Wirkung, daß das davon betroffene Vermögen des Flüchtigen
auf dessen Kosten von staatswegen, und zwar, nach Befinden, durch einen von dem Gerichte
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