Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1868. (34)

— 1091 — 
Art. 151. 
Untersuchungshaft. 
Bleibt der Angeschuldigte nach seiner Vernehmung der ihm schuldgegebenen strafbaren 
That noch ferner verdächtig, so hat der Richter die Verhaftung desselben zu verfügen, wenn 
der Angeschuldigte Anstalten zur Flucht macht oder den Umständen nach der Flucht verdächtig 
erscheint. Ist das Verbrechen mit Zuchthausstrafe bedroht, so bedarf die Annahme, daß der 
Angeschuldigte der Flucht verdächtig sei, keiner weiteren Rechtfertigung. 
Auch kann der Richter die Verhaftung verfügen, wenn zu besorgen steht, daß der An— 
geschuldigte durch Verabredung mit Mitschuldigen oder mit Zeugen, durch Vernichtung der 
Spuren der That, oder sonst die Untersuchung erschweren oder vereiteln werde, oder wenn be— 
sondere actenkundig zu machende Umstände die Befürchtung rechtfertigen, daß der Angeschul- 
digte die Freiheit zur Verübung neuer strafbarer Handlungen mißbrauchen oder die noch nicht 
vollendete That ausführen werde. 
Art. 152. 
Ueber die Verhaftung des Angeschuldigten ist gleich nach der ersten Vernehmung desselben 
(Art. 167) von dem Untersuchungsrichter Entschließung zu fassen. 
Auch im Verlaufe der Untersuchung kann der Untersuchungsrichter die Verhaftung des 
Angeschuldigten verfügen. 
Er hat von der Verhaftung das Bezirksgericht und den Staatsanwalt in Kenntniß zu 
setzen. 
Dem Verhafteten sind in jedem Falle die Gründe der Haftanlegung binnen vier und 
zwanzig Stunden zu eröffnen. 
Art. 153. 
Vollziehung ver Verhafts= und Vorführungsbefehle. 
Die Verhafts= und Vorführungsbefehle sind in dem ganzen Umfange des Königreichs 
vollstreckbar. 
Wenn der Angeschuldigte, gegen den ein Verhafts= oder Vorführungsbefehl erlassen wor- 
den ist, außerhalb des Bezirks des Untersuchungsgerichts betroffen wird, so ist er dem Richter 
oder einem mit der Polizeiverwaltung beauftragten Beamten des Orts vorzuführen, welcher 
den Befehl gegenzeichnet, ohne dessen Vollstreckung hindern zu dürfen. 
Verweigert der Angeschuldigte, sich dem Befehle zu fügen, oder versucht er, sich der Voll- 
streckung desselben zu entziehen, so ist mit Zwangsmaßregeln gegen ihn zu verfahren. Der 
mit der Vollstreckung beauftragte Beamte kann, wenn er es für nöthig findet, den Beistand 
der Justiz= oder Polizei= oder Militärbehörden in Anspruch nehmen.
	        
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