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Ebenso kann das Gericht mit Zustimmung des Staatsanwalts und des Angeklagten
die Beweisaufnahme, auch ohne daß es der Abhörung sämmtlicher oder selbst einiger Zeugen
und des Gebrauchs der übrigen Beweismittel bedarf, schließen, wenn die bis dahin erlangten
Ergebnisse die vollständige Ueberzeugung der Richter von der Schuld oder Unschuld des An-
geklagten begründen und mit Sicherheit anzunehmen ist, daß die noch übrigen Zeugen und
Beweismittel dieselbe abzuändern jedenfalls nicht geeignet seien.
Ist in der Hauptverhandlung ein umfassendes und unbedingtes Geständniß des An-
geklagten erfolgt, so bedarf es der Zustimmung desselben zum Schlusse der Beweisauf-
nahme nicht.
Art. 292.
Vorlesung von Urkunden 2c.
Außer den in Art. 22 8 Schlußs., Art. 271, Abs. 2, Art. 284, Abs. 3, Art. 289
bezeichneten Fällen dürfen die früheren Aussagen eines Zeugen nur mit ausdrücklicher Ein-
willigung des oder der Angeklagten, auf welche die Zeugenaussagen sich beziehen, vorgelesen
werden.
Die Vorlesung von Urkunden, welche für die Untersuchung von Bedeutung sind, in-
sonderheit von Leumundszeugnissen von Behörden und in öffentlichen Pflichten stehenden
Personen, von Besichtigungsprotocollen, den über den Thatbestand ausgenommenen Protocollen
und von Gutachten der vor der Hauptverhandlung befragten Sachverständigen, hängt von dem
Ermessen des Gerichts ab. Insbesondere gilt dieß von den Protocollen über Schätzung des
Werthes einzelner Gegenstände oder des angerichteten Schadens, gleichviel, ob die Schätzung
von einem Sachverständigen oder von dem Verletzten selbst bewirkt worden ist.
Schriftliche Gutachten von anderen Sachverständigen dürfen nur mit Genehmigung des
Staatsanwalts und des Angeklagten vorgelesen werden.
Art. 293.
Die erfolgte Vorlesung einer Zeugenaussage ist mit Angabe des Grundes im Protocolle
zu erwähnen.
Nach erfolgter Vorlesung ist der Angeklagte zu befragen, ob er auf die vorgelesene Aus-
sage etwas zu bemerken habe.
Art. 294.
Vertheidigungsgründe.
Alle zur Vertheidigung gegen die Anschuldigung dienenden Thatsachen können von dem
Angeklagten geltend gemacht und müssen selbst von amtswegen berücksichtigt werden, ohne daß
ein in der Voruntersuchung oder in dem Anklageverfahren ergangener Beschluß entgegensteht.