Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1868. (34)

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Das Oberappellationsgericht ist befugt, vor der Entscheidung Erörterungen anstellen zu 
lassen, auf Bestärkungseide zu erkennen, sowie die erkannten Strafen in Wegfall zu bringen 
oder sie zu ermäßigen. 
Art. 326. 
Verfahren bei Erkrankungen des Angeklagten. 
Erkrankt der Angeklagte während der Verhandlung und vor dem Schlusse der Beweis— 
aufnahme in der Maße, daß er derselben nicht weiter beizuwohnen vermag, so ist, und zwar, 
da nöthig, nach vorgängiger Untersuchung seines Zustandes durch einen Arzt, die Vertagung 
der Sache auszusprechen. 
Wenn jedoch der Erkrankte selbst sein Einverständniß mit der Fortsetzung und Beendigung 
der Verhandlung in seiner Abwesenheit und insbesondere die Vorlesung seiner Aussagen aus 
den Acten der Voruntersuchung für genügend erklärt und der Staatsanwalt hierzu seine Zu— 
stimmung ertheilt, so kann das Gericht die Verhandlung, als ob der Angeklagte selbst gegen— 
wärtig wäre, fortsetzen und durch Erkenntniß beendigen. 
Erkrankt der Angeklagte nach dem Schlusse der Beweisaufnahme, jedoch vor dem Schlusse 
der Verhandlung (Art. 296) in der gedachten Maße, so hat das Gericht zu entscheiden, ob 
die Sitzung dessenungeachtet fortzusetzen und zu beendigen oder zu vertagen sei. 
Die Zustimmung des Erkrankten kann auch durch den Vertheidiger desselben erklärt wer— 
den. Es ist jedoch der Vertheidiger im Falle der Fortsetzung der Verhandlung nicht verhin— 
dert, im Laufe derselben nachträglich auf Vertagung anzutragen, wenn sich Gründe hierzu er— 
geben. Auch wird überhaupt durch den Beschluß, die Verhandlung fortzusetzen, an dem in dem 
Art. 313 dem Gerichte eingeräumten Befugnisse nichts geändert. 
Ist der Angeklagte ohne Vertheidiger erschienen, so hat das Gericht im Falle der Fort— 
setzung zugleich zu ermessen, ob demselben annoch ein Vertheidiger zu bestellen sei. In dem 
Falle solcher Bestellung ist die Vertheidigung für eine nothwendige zu achten. 
Art. 327. 
Verfahren bei Störung der Verhandlung durch den Angeklagten. 
Wenn der Angeklagte die Ordnung der Verhandlung durch ungeziemendes Benehmen 
stört und die Bedeutung des Vorsitzenden, daß er bei fortgesetzter Störung aus der Sitzung 
werde entfernt werden, unbeachtet läßt, so kann er, vorbehältlich seiner Bestrafung wegen etwa 
hierbei sich zu Schulden gebrachter strafbarer Handlungen, auf einige Zeit aus der Sitzung 
entfernt werden. 
Wird er dann wieder vorgerufen, so ist ihm vom Vorsitzenden der Inhalt Desjenigen 
kürzlich bekannt zu machen, was während seiner Entfernung ausgesagt oder sonst verhandelt 
worden ist. 
1868. 153
	        
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