Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1868. (34)

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853. 
Der Angeklagte kann das Erkenntniß mit der Nichtigkeitsbeschwerde auch dann anfechten, 
wenn eine Frage nicht gestellt worden ist, welche durch das Ergebniß der Verhandlungen un- 
zweifelhaft geboten war. 
Ueber die Frage, ob diese Voraussetzung vorhanden sei, entscheidet das Oberappellations- 
gericht. 
*54. 
Die Fragen sind so zu stellen, daß sie sich mit Ja oder Nein beantworten lassen; Fragen, 
in welche einzelne Thatumstände alternativ ausgenommen werden, sind nicht ausgeschlossen. 
Wenn eine nachfolgende Frage nur für den Fall zu beantworten ist, daß eine voraus- 
gehende in einem gewissen Sinne erledigt werde, so ist dieß bei der Vorlesung der Fragen 
besonders hervorzuheben, auch auf dem Fragebogen mit zu bemerken. 
Die Fragen müssen, bei Vermeidung der Nichtigkeit, alle aus dem Anklageerkenntnisse 
hervorgehenden wesentlichen thatsächlichen Merkmale des Verbrechens erschöpfen und unbeschadet 
der Bestimmungen in den §# 63, 65 sich hierauf beschränken (vergl. noch § 66). 
Auch die unterscheidenden Nebenumstände der Handlung, namentlich, soweit thunlich, 
Ort und Zeit derselben, sind in den Fragen zu berücksichtigen. 
655. 
Die Hauptfrage hat die dem Angeklagten zur Last gelegte That zum Gegenstande; sie 
wird dahin gerichtet: ob sich der Angeklagte der in der Anklage ihm beigemessenen Handlung 
schuldig gemacht habe? und soll mit den Worten beginnen: „Ist der Angeklagte schuldig 2c. “ 
56. 
Der Ausspruch des „Schuldig“ von Seiten der Geschwornen enthält zugleich die Bejahung 
des Umstands, daß dem Angeklagten die That zuzurechnen sei. 
Ist jedoch in der Verhandlung ein Umstand zur Sprache gekommen, welcher, seine Wahr- 
heit vorausgesetzt, die Strafbarkeit ausschließen würde, so kann hierauf eine besondere (Neben-) 
Frage gerichtet werden. (Vergl. jedoch §# 57, 58.) 
In diesem Falle ist die Hauptfrage nur dahin zu richten: Ist der Angeklagte überführt, 
die oder die That begangen zu haben? 
857. 
Darüber, ob bei den auf Antrag zu untersuchenden Verbrechen von dem Verletzten der 
Antrag gestellt worden, sowie über den Verzicht auf den gestellten Antrag entscheidet der Ge— 
richtshof ohne Mitwirkung der Geschwornen.
	        
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