Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1868. (34)

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so ist neben der Hauptfrage noch, für den Fall der Verneinung derselben, eine besondere 
Frage auf das Verbrechen von geringerer Strafbarkeit an die Geschwornen zu richten. 
864. 
Die Stellung von Nebenfragen der in §§ 56, 58, 60, 61, 63 gedachten Art kann, 
wenn sie von dem Staatsanwalte oder dem Angeklagten beantragt wird, vom Gerichtshofe nicht 
abgelehnt werden, ausgenommen, wenn er der Ansicht ist, daß die betreffende Thatsache, ihre 
Wahrheit vorausgesetzt, rechtlich einflußlos sei (vergl. & 52). 
65. 
Wenn die dem Anklageerkenntnisse zu Grunde liegenden Thatsachen und die etwa in der 
Verhandlung hinzugetretenen Umstände, verbunden oder vereinzelt, unter einen anderen gleich 
trafbaren oder schwereren Gesichtspunkt desselben Verbrechens oder unter den Begriff eines 
anderen Verbrechens von gleicher oder höherer Strafbarkeit zu fallen scheinen, als worauf 
die Anklage gerichtet war, so sind hierauf bezügliche besondere Fragen zu stellen, auf welche 
die allgemeinen Vorschriften gleichfalls Anwendung leiden. Die aus dem Anklageerkenntnisse 
sich ergebende Frage kann geeigneten Falls als Zusatzfrage oder auch als Hauptfrage gestellt 
werden. 
Erscheint aber mit Rücksicht auf eine solche Veränderung der Schuldfrage dem Gerichts- 
hofe eine bessere Vorbereitung der Anklage oder der Vertheidigung als nothwendig, so kann 
derselbe entweder die Verhandlung vertagen, oder, unter Beanstandung des weiteren Verfahrens, 
eine Rückrerweisung der Untersuchung an die Anklagekammer, behufs anderweiter Entscheidung 
derselben, beschließen, oder verordnen, daß das Erkenntniß auf die erhobene Anklage zu be- 
schränken, die Erörterung des anderen Thatbestandes aber einer neuen Anklage vorzubehalten sei. 
Der Vorbehalt kann nicht mehr ausgesprochen werden, wenn die den Geschwornen vor- 
gelegten Fragen durch die Verkündigung eines regelrechten Ausspruchs von Seiten des Ob- 
manns der Geschwornen (§& 84, 85) erledigt worden sind. 
Die Vertagung jedoch, sowie die Fortsetzung der Verhandlung und demgemäße Fragstellung 
setzt die Zustimmung des Staatsanwalts und des Angeklagten voraus. 
Bei der Vertagung ist die Bestimmung im Art. 313, Abs. 2 der Strafprozeßordnung in 
Obacht zu nehmen. 
66. 
In die Fragen sollen die gesetzlichen Merkmale der dem Angeklagten zur Last gelegten 
strafbaren Handlung, sowie beziehendlich in vie Nebenfragen die gesetzlichen Merkmale der 
in ihnen zur Beantwortung gebrachten besonderen Thatumstände mit den Ausdrücken des Ge- 
setzes selbst ausgenommen werden.
	        
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