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8 15. Der Wahlausschuß hat aus den Urlisten des Bezirks die Geschwornen für das nächste
Jahr auszuwählen und hierüber eine Liste anzufertigen (Bezirksliste).
Auf je 1000 Einwohner ist ein Geschworner zu wählen. Ergiebt sich bei Theilung der Zahl der
Einwohner des Bezirks durch 1000 ein Ueberschuß von 500 oder mehr Einwohnern, so ist ein weiterer
Geschworner zu wählen. Beträgt der Ueberschuß weniger als 500, so ist er außer Anschlag zu lassen.
§ 34. Niemand kann in einer Sache als Geschworner mitwirken, in welcher er
1. als Polizeibeamter oder als Staatsanwalt oder als Untersuchungsrichter oder als Mitglied
der Anklagekammer oder sonst als Richter oder als Vertheidiger oder als Zeuge oder als Sachverstän-
diger oder als Dolmetscher thätig gewesen,
2. als Sachverständiger oder als Zeuge oder als Dolmetscher zur Hauptverhandlung vorgeladen
worden,
3. durch das der Anklage zu Grunde liegende Verbrechen unmittelbar verletzt worden ist, sowie
die Angehörigen und der Anwalt desselben. Insbesondere sollen bei der Anklage wegen böslichen, wie
leichtsinnigen Bankrotts die Gläubiger des Angeklagten, gleichviel, ob sie sich im Concurse gemeldet
haben oder nicht, sowie die Angehörigen eines derselben und der Anwalt der Gläubigerschaft nicht als
Geschworner mitwirken.
Ferner können als Geschworne nicht mitwirken:
4. die Angehörigen eines Angeklagten in der diesen betreffenden Sache und
5. die Angehörigen eines der Richter des Schwurgerichtshofs, des Staatsanwalts und des Ver-
theidigers in der Sache, in welcher diese thätig sind.
Wer als Angehöriger anzusehen sei, bestimmt Art. 41 a, Absatz 5 der Strafprozeßordnung.
§ 35. Die Nichtbeachtung der Vorschriften im § 34 soll in den Fällen unter 1 oder 2 unbedingt,
in den Fällen unter 3, 4 oder 5 nur dann eine Nichtigkeit des Verfahrens und des auf dasselbe gestützten
Erkenntnisses bewirken, wenn der Unfähigkeitsgrund spätestens bei dem Aufrufe des betreffenden Ge-
schwornen (§ 36) geltend gemacht und bescheinigt, aber unbeachtet gelassen worden ist.
Eine Nichtigkeit bewirkt es nicht, wenn einer der Fälle von § 34 bei einem Ergänzungsgeschwornen
eintritt, welcher bei dem Wahrspruche nicht mitgewirkt hat.
§ 38. Sogleich nachdem der Aufruf der Geschwornen vor sich gegangen, auch die etwa noth-
wendig befundene Ergänzung ihrer Zahl erfolgt ist (§ 36), muß derjenige Geschworne, bei welchem
etwa einer der in 88§ 2, 3 und 34 bezeichneten Unfähigkeitsgründe vorhanden, dieß ausdrücklich dem
Gerichtshofe anzeigen.
Die gleiche Pflicht zur Anzeige eines solchen ihnen bekannten Verhältnisses liegt auch den Mit-
gliedern des Gerichtshofs und dem Staatsanwalte ob.
Wird ein Geschworner von dem Gerichtshofe für unzulässig erklärt, so ist die Zahl der Geschwornen
nach Vorschrift des § 36 zu ergänzen.
§ 39. Dem Präsidenten liegt es ob, die Geschwornen vor dem Aufrufe über ihre im § 38 be-
merkte Berpflichtung zu belehren.
Geschworne, welche diese außer Acht lassen und dadurch die Nichtigkeitserklärung des Erkenntnisses
herbeiführen, können von dem Oberappellationsgerichte in dem die Nichtigkeit aussprechenden Erkennt-
nisse in die Kosten des vorherigen Verfahrens verurtheilt werden.
Letzte Absendung: am 17. November 1868.