Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1870. (36)

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17. Die nach § 16 erlaubten Ehen werden vor Gericht eingegangen, jedoch, 
dafern jeder Theil einer anderen vom Staate anerkannten christlichen Religionsgesell- 
schaft angehört, nur dann, wenn die beiden zuständigen Geistlichen die Trauung 
verweigern. 
& 18. Auf alle Ehen, welche nach § 17 vor Gericht eingegangen werden, in- 
gleichen rücksichtlich der bürgerlichen Beglaubigungen der in solchen Ehen vorkommenden 
Geburten und der Todesfälle der in solchen Ehen geborenen Kinder finden die Bestimm- 
ungen in §§ 1 bis 15 ebenfalls Anwendung. 
*19. Die Bestimmung im § 1617 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist aufgehoben. 
In Betreff der Ehehindernisse, Ehenichtigkeitsgründe und Ehescheidungsgründe 
gelten die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs auch für die gerichtliche Ehe. 
Die Bestimmungen in 8§ 1588, 1591, 1619, Satz 2 und 3, §§ 1620, 1769 und 
1770 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden auf gerichtliche Ehen keine Anwendung. 
*20. Der Austritt aus einer vom Staate anerkannten Religions- 
gesellschaft ist, auch wenn er ohne gleichzeitigen Uebertritt zu einer anderen solchen 
Religionsgesellschaft erfolgt, einem jeden Staatsangehörigen, welcher das 21. Lebens- 
jahr überschritten hat, gestattet. Es wird jedoch der Austretende so lange als Mitglied 
seiner zeitherigen kirchlichen Gemeinde betrachtet, als er nicht seinen Austritt seinem 
ordentlichen Richter persönlich zu Protocoll angezeigt, dabei aber zugleich glaubhaft 
nachgewiesen hat, daß er dem Pfarrer seiner Parochie vier Wochen vorher die Absicht, 
auszutreten, zu erkennen gegeben hat. 
Ueber die religiöse Erziehung der Kinder bis zum 14. Lebensjahre entscheidet im 
Mangel einer Vereinbarung der Eltern der Vater. Uneheliche Kinder folgen der Religion 
der Mutter. Vom vollendeten 14. Lebensjahre an steht es bei einem Religionswechsel 
der Eltern den Kindern frei, ob sie diesen folgen oder ihre zeitherige Religion bei- 
behalten wollen. 
Die in Gemäßheit dieser Vorschriften aus ihrer bisherigen Religionsgemeinschaft 
ausgetretenen Personen sind in ein von dem Gerichte, vor welchem die Austrittserklärung 
erfolgt ist, zu führendes Verzeichniß (Dissidentenregister) einzutragen. 
& 21. Wollen Vereine oder Genossenschaften einen besonderen religiösen 
Cultus üben, so bedürfen sie hierzu der staatlichen Genehmigung, welche durch die Be- 
stätigung ihrer Statuten Seiten des Ministeriums des Cultus und öffentlichen Unter- 
richts ertheilt wird. 
Die Genehmigung wird ertheilt, wenn die in den Statuten festzustellenden Religions-
	        
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