Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1870. (36)

— 358 — 
& 133. Verordnung, 
die Bestrafung ver wahrheitswidrigen Aussage vor bffentlichen Behörden betreffend; 
vom 10. December 1870. 
W I,-Johann, von GOTTES# Gnaden König von Sachsen 
1c. 2. 2c. 
verordnen auf Grund von § 88 der Verfassungsurkunde in Erwägung, daß die Be- 
stimmungen über die Bestrafung wahrheitswidriger Aussagen vor öffentlichen Behörden 
in Art. 229 fg. des Revidirten Strafgesetzbuchs vom 1. October 1868 in Folge der 
Vorschriften in dem Strafgesetzbuche für den Norddeutschen Bund vom 31. Mai 1870 
über die Bestrafung des Meineids, sowie mehrerer anderer Vorschriften desselben Ge- 
setzbuchs nicht allenthalben mehr als anwendbar erscheinen, bei dem Umstande aber, daß 
in verschiedenen Angelegenheiten, insbesondere in Untersuchungssachen die Behörden 
vielfach auch auf unbeschworne Aussagen ihre Entscheidungen zu stützen befugt sind, ein 
Bedürfniß vorhanden ist, derartige Aussagen, falls sie wahrheitswidrig sind, nicht un- 
geahndet zu lassen, zugleich unter Hinweis auf die Bestimmungen im § 2, Abs. 1 und 
im § 8 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuche für den Norddeutschen Bund, 
was folgt: 
& 1. Die Vorschriften des Revidirten Strafgesetzbuchs über die Bestrafung wahr- 
heitswidriger Aussagen vor öffentlichen Behörden in Art. 229, 230, 231 werden auf- 
gehoben. 
An die Stelle dieser Vorschriften treten folgende Bestimmungen: 
#. Wer in einer, nicht ihn selbst betreffenden Angelegenheit vor einer öffentlichen 
Behörde eine Aussage, von der er weiß oder überzeugt ist, daß sie unwahr sei, jedoch 
nicht eidlich und nicht unter Versicherung an Eidesstatt erstattet, wird mit Gefängniß 
bis zu zwei Jahren bestraft. 
In Fällen, in denen die zu erkennende Strafe nicht über sechs Wochen ansteigt, 
kann statt derselben auf Geldstrafe bis zu einhundert und fünfzig Thalern erkannt werden. 
Sind wahrheitswidrige, nicht eidliche und nicht eidesstattliche Aussagen aus Un- 
bedachtsamkeit erstattet worden, so tritt Gefängnißstrafe bis zu drei Monaten oder 
Geldstrafe bis zu dreihundert Thalern ein. 
Die wahrheitswidrige Aussage ist mit dem Schlusse der Abhörung, bei welcher sie 
erstattet worden, für vollendet zu achten. Wegen Versuchs derselben findet ein Straf- 
verfahren nicht statt. 
83. Straflosigkeit tritt ein, wenn Der, welcher die wahrheitswidrige Aussage 
erstattet hat, dieselbe in der, im § 158 des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen
	        
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