Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1877. (43)

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In den Oberclassen ist bei der Lectüre classischer Werke, besonders der dramatischen 
Literatur stets in Erinnerung zu behalten, daß es der Lehrer mit den dem eigenen 
Volksgeiste entsprungenen Schöpfungen zu thun hat. Es ist daher ein aus der Lectüre 
der griechischen und römischen Classiker herübergenommenes, Zeit und Interesse raubendes, 
das Ganze zerpflückendes Lesen und Erklären der Stücke von Satz zu Satz zu vermeiden, 
das Stück vielmehr partien(act)weise zur vorbereitenden Privatlectüre aufzugeben, nur 
an den schwierigsten Stellen im Einzelnen zu erläutern und nur in den hervortretendsten 
Partien zu lesen, vorzugsweise aber die Einführung in den Geist des Stückes, in die 
leitenden Ideen, die Oeconomie und den Aufbau des Ganzen zur Aufgabe des Unter— 
richts zu machen. Nur so wird auch in jedem einzelnen Semester die Lectüre mehrerer 
Stücke ermöglicht werden. 
& 11. Am Schlusse des Gymnasialcurses muß das aus der Geschichte der deutschen Lehrziel. 
Literatur gebotene Material angeeignet und dadurch die Schärfung des Urtheils und 
die Bildung des Geschmacks entsprechend gefördert, vor Allem aber ein correcter und 
gewandter Gebrauch der Muttersprache in Wort und Schrift gewonnen sein. 
& 12. Der Unterricht in den altclassischen Sprachen, Lateinisch und Griechisch, ist Altelassische 
es, welcher den Gymnasien ihr eigenthümliches und unterscheidendes Gepräge im Ver= Sp rachen. 
gleiche mit den übrigen höheren Unterrichtsanstalten giebt. 
Ihre gründliche Erlernung bleibt daher Hauptaufgabe der Gymnasien und sie bilden 
den Mittelpunkt des Gymnasialunterrichts. 
13. Dem Unterrichte in der lateinischen Sprache fällt vornehmlich die Aufgabe Lateinische 
zu, durch gründliche grammatikalische Unterweisung nicht allein die Erlernung dieser Sprache. 
Sprache selbst sicher zu stellen, sondern dadurch zugleich für die Erlernung aller übrigen 
Sprachen die Grundlage der allgemeinen grammatikalischen Bildung zu schaffen, später- 
hin aber durch Erklärung der lateinischen Classiker, in Verbindung mit den griechischen, 
in den Geist und das Leben des classischen Alterthums einzuführen. Es ist daher keine 
der Uebungen, welche die gründliche Erlernung derselben fördern — Uebersetzen aus 
der lateinischen Sprache und in dieselbe, metrische und Sprechübungen — im Gymnasial- 
unterrichte zu vernachlässigen, der Unterricht in dieser Sprache aber sogleich auf der 
untersten Stufe des Gymnasiums zu beginnen und auf allen Stufen mit der stärksten 
Stundenzahl anzusetzen. 
##14. Demgemäß ist der Unterricht in der lateinischen Sprache in Ober= und Vertheilung des 
Unterprima wöchentlich mit 8 bis 9, in allen übrigen Classen mit 10 Stunden anzu- * 
setzen und der Lehrstoff folgendermaßen zu vertheilen: « 
Serta: 10 Stunden wöchentlich. 
Regelmäßige Formenlehre bis zu den verba deponentia (einschließlich); Uebungen 
9 *
	        
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