Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1878. (44)

— 539 — 
dem pflichtmäßigen Ermessen der Einschätzungscommissionen überlassen, in welchen Fällen 
sie dieselbe in Anwendung bringen wollen. In jedem Falle hat jedoch die Einschätzungs- 
commission zunächst die Schätzung des wirklichen Einkommens auf Grund der vor- 
handenen Schätzungsunterlagen und der sonst ihr bekannten Thatsachen zu bewirken und 
die Einschätzung nach dem Verbrauche erst dann anzuwenden, wenn sie bei sorgfältiger 
Erwägung aller einschlagenden Verhältnisse findet, daß das ermittelte wirkliche Ein- 
kommen nicht ausreichend sein werde, um den Verbrauchsaufwand zu decken. Ob eine 
Declaration vorliegt oder nicht, ist hierbei gleichgültig. 
Im Allgemeinen wird für die Commission vorzugsweise dann zur Einschätzung nach 
dem Verbrauche Anlaß gegeben sein, wenn Personen regelmäßig einen Aufwand 
machen, welcher das eigene, zur Führung eines angemessenen Hausstandes ausreichende 
Einkommen übersteigt, oder wenn Personen, deren Einkommen zeitweise unter den 
durchschnittlichen Aufwand für ihren Hausstand herabsinkt, letzteren dessen ungeachtet 
mit Hülfe von Zuschüssen aus ihrem Vermögen oder durch Aufnahme von Darlehen 
in unveränderter Weise fortführen, oder wenn Personen, welche den Bezug eines Ein- 
kommens überhaupt in Abrede stellen und denen ein solches auch nicht nachgewiesen 
werden kann, gleichwohl einen Hausstand führen, welcher zu dem Schlusse berechtigt, 
daß sie an sich wohl im Stande sind, an der Tragung der Staatslasten sich zu 
betheiligen. 
Unter dem Unterhaltungs= oder Verbrauchsaufwande ist die Summe zu verstehen, 
welche Jemand nach einer billig mäßigen Durchschnittsveranschlagung zum Unterhalte 
für sich und die von ihm unterhaltenen Personen, sowie zu freiwillig an Andere ge- 
währten Unterstützungen in dem Zeitraume eines Jahres aufwendet. Außerordentliche 
Capitalaufwendungen, welche Jemand aus außergewöhnlichen Anlässen, wie z. B. 
wegen der Verheirathung oder Selbstständigmachung eines Kindes, zu machen hat, sind 
dem Verbrauchsaufwande nicht zuzurechnen. 
8 26. 
Fortsetzung. Verfahren bei der Einschätzung nach dem Verbrauche. 
Der Verbrauchsaufwand (das Verbrauchseinkommen) ist von der Einschätzungs- 
commission bei der Ein schätzung nicht in Anlehnung an die thatsächlichen Ergebnisse 
während eines bestimmten Zeitraums, sondern im Allgemeinen nach ihren eigenen 
Wahrnehmungen unter Berücksichtigung aller hierzu aus den Schätzungsunterlagen zu 
entnehmenden Anhaltepunkte und unter sorgfältiger Beachtung aller in ihrer Wissen- 
schaft beruhenden oder sonst zu ihrer Kenntniß kommenden Momente nach dem muth- 
maßlichen Mindestbetrage zu schätzen, welchen die betreffende Person alljährlich auf- 
wenden muß, um ihren. Hausstand so, wie sie es zu thun pflegt, zu führen. 
77“
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.