Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechzehnter Jahrgang. 1900. (41)

292 Rerd-Amerika. (Dezember Anf. 3.) 
Anfang Dezember. Es kommen Nachrichten über die un- 
befriedigende Lage der Amerikaner auf den Philippinen. 
3. Dezember. Präsident Mac Kinley erläßt eine Botschaft 
an den Kongreß. 
Die Botschaft rühmt das loyale Verhalten der Bizekönige der süd- 
lichen Provinzen Chinas, sowie die Energie der Konsuln und Schiffs- 
kommandanten und bezieht sich auf das amerikanische Rundschreiben vom 
3. Juli 1900, in dem Amerikas Haltung kundgegeben worden ist. Amerikas 
Politik bestehe darin, die chinesische territoriale und administrative Wesen- 
heit zu erhalten, die Rechte der Mächte in China zu schützen und den 
Handel dort für die ganze Welt in gleichmäßiger, unparteiischer Weise zu 
sichern. Amerika nahm den russischen Vorschlag auf Wiederherstellung der 
kaiserlichen Gewalt in Peking an als das am besten geeignete Mittel, um 
eine dauernde Regelung zu bewirken. Der Präsident verlangt exemplarische 
abschreckende Bestrafung der wirklich Schuldigen innerhalb der rationellen 
Grenzen vergeltender Gerechtigkeit. Er betrachtet dies als die erste Be- 
dingung und deutet dann an, daß eine Entschädigung geleistet werden 
könne, teils durch richtige Bürgschaften zur Sicherung der Rechte der Aus- 
länder, teils dadurch, daß China dem Handel der ganzen Welt geöffnet 
werde. Mac Kinley spricht sich sodann für den ruffischen Vorschlag aus, 
daß alle weitergehenden Meinungsverschiedenheiten betreffs der Entschädi- 
gungen dem Haager Schiedsgerichtshofe unterbreitet werden sollen. Die 
Beziehungen zu Frankreich, heißt es weiter in der Botschaft, seien freund- 
liche. In den Beziehungen zu Deutschland herrsche guter Wille vor. Nach 
Erwähnung der freundschaftlichen Regelung der Frage der Versicherungs- 
gesellschaften und des Samoa-Abkommens erwähnt Mac Kinley das Fleisch- 
beschaugesetz und sagt: Es herrsche noch große Ungewißheit, ob Amerikas 
fast vernichteter Handel mit Deutschland in Fleischprodukten unter den 
neuen Lasten wieder aufleben kann. Der Präsident hofft zuversichtlich, daß 
die deutschen Bestimmungen frei von jenen Differenzierungen sein werden, 
die die Durchführung der alten Verordnungen zur Folge hatte. Bei Be- 
sprechungen der Beziehungen finden schließlich noch das neue deutsch- 
amerikanische Kabel und der bei seiner Eröffnung erfolgte Austausch von 
Glückwünschen mit dem Deutschen Kaiser Erwähnung. Bezüglich der Be- 
ziehungen zu England ist in der Botschaft ausgeführt, daß diese fortgesetzt 
gute sind. Der Krieg in Südafrika hat zu peinlichen Fragen bezüglich 
der Neutralitätsgesetze Anlaß gegeben, die in einer für die unmittelbar 
Beteiligten befriedigenden Weise beigelegt wurden, aber leider ohne eine 
Regelung der Frage des Rechtes der neutralen Waren, die nicht an sich 
Kontrebande sind, herbeizuführen. Die Botschaft betont sodann die Not- 
wendigkeit einer endgültigen Feststellung der Grenzen von Alaska. Sie 
erklärt ferner, daß der Einfluß Japans als eines, dem allgemeinen Interesse 
des Friedens, der Ordnung und des Handels förderlichen Faktors, nicht 
unterschätzt werden könne. Die Botschaft erwähnt die Konvention mit 
England hinsichtlich des Baues des Isthmus-Kanals und befürwortet 
den Abschluß eines Handelsvertrages mit Spanien. Die von Anmerika 
an die Türkei gestellten Forderungen, heißt es dann weiter, dürften 
bald in befriedigender Weise erledigt werden. Sollten in der Frage 
der Handelsverträge mit einigen Ländern Verordnungen nach einer für 
Amerika feindlichen Gesetzgebung fortdauern, so werde Mac Kinley im 
det eine, den Erfordernissen der Lage gerecht werdende Gesetzgebung 
anbahnen.
	        
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