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Insbesondere hat dies zu geschehen:
1. wenn bei sonst regelmäßiger Geburt der vorliegende Kopf der Frucht, nachdem der
Muttermund ringsum ganz zurückgezogen und das Fruchtwasser abgeflossen ist,
eine Stunde lang ohne vorzurücken stehen bleibt;
2. in allen Fällen von Steiß-, Knie- oder Fußlagen; bei Gesichts- und Stirnlagen;
bei mehrfachen Früchten; in allen Fällen von engem Becken, von fehlerhafter
Einstellung des Kopfes; vor frühzeitigem Blasensprung;
3. wenn sie eine fehlerhafte Fruchtlage findet, oder diese, weil sie innerlich keinen
vorliegenden Fruchttheil fühlt, mit Wahrscheinlichkeit annehmen muß;
4. bei Vorfall eines Armes oder des Nabelstrangs;
5. wenn zwei Stunden nach völliger Erweiterung des Muttermundes und nach Ab—
fluß des Fruchtwassers verstrichen sind, ohne daß die Wehen sich verstärkt haben;
6. bei Blutungen aus den Geschlechtstheilen während der Schwangerschaft, während
der Geburt oder nach der Geburt des Kindes; vor Allem schon bei dem bloßen
Verdachte, daß der Fruchtkuchen vorliege;
bei drohender Zerreißung der Gebärmutter; in allen Fällen von Damm—-, Scheiden—
und Gebärmutterhalsrissen;
8. bei allgemeinen Krämpfen, übermäßigem Erbrechen, fieberhaften und anderen
Krankheiten der Gebärenden;
9. wenn bei Schwangern, Gebärenden oder Wöchnerinnen anscheinend oder wirklich
plötzlicher Tod eintritt.
Bis zur Ankunft des Arztes darf die Hebamme nichts verabsäumen, was in diesen
Fällen zu thun ihr nach den Vorschriften des Lehrbuchs obliegt.
§ 23. Gegen den herbeigerufenen Geburtshelfer oder Arzt hat die Hebamme sich
mit gebührender Achtung und Bescheidenheit zu betragen, ihm Alles, was sie von Anfang
an bis zu seiner Ankunft bei der Kreißenden beobachtet hat, zu berichten, und das, was
der Arzt ihr auftragen oder anordnen wird, pünktlich zu befolgen.
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#& 24. Haben Hebammen bei Entbindungen einen Arzt herbeizuziehen gehabt (ckl.
§ 22), so haben sie, bei der in § 10 der Einführungsverordnung vom 22. Juni 1892 an-
gedrohten Strafe, binnen vier Wochen, von dem Tage der betreffenden Entbindung an
gerechnet, dem zugezogenen Arzte die von ihnen zu haltenden Geburtstabellen (ef. 8 15)
vorzulegen und dafür zu sorgen, daß der betreffende Arzt die von ihm etwa aus-
geführten Operationen und deren Ausgang für Mutter und Kind in die Tabellenrubrik
für „Besondere Bemerkungen“ selbst eintrage.