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Die Mikronesier sind ein fröhliches, gutartiges Völkchen. Ihre
Spiele und Tänze sind kunstvoll und anmutig, auch ihr Gesang ist nicht
zu verachten. Ehedem waren sie kühne Seefahrer. Die Segnungen
einer Kultur, die bisher von Menschenräubern, den sog. Kidnappern,
und den nicht immer sehr christlich verfahrenden Besitzern kleiner Schiffe
an diesen Strand getragen wurden, haben aber wenig Gutes gezeitigt.
Diebstahl, Trunksucht und Laster aller Art räumen unter dem Volke auf
und zwingen zu der Annahme, daß es dem Untergange geweiht sei.
Sein höchster Gott, Avis, ist ein Geist. Er soll sich indessen in die
Kronen ihm geweihter heiliger Bäume sichtbarlich niederlassen. Neben
ihm gibt es eine Menge anderer Götter, ja jedes Menschenkind bildet
sich ein, einen besonderen Schutzgeist unter den Himmlischen zu besitzen.
Jeder Vogel, jedes Geräusch erregt abergläubische Vorstellungen bei
diesen Kindern der gewaltigen Meereseinsamkeit. Jedes wichtige Unter-
nehmen, sogar die Fischzüge werden durch Opfer eingeleitet. Seit
mehreren Jahrzehnten sind französische und amerikanische Missionare auf den
Marschall--Inseln tätig und haben Eingeborene mit Erfolg zu Missionaren
und Lehrern herangebildet, die das Missionswerk in ihrer Weise eifrig
fortsetzen. Zurzeit sind noch drei weiße Missionare hier ansässig, zwei
katholische deutsche und ein protestantischer Amerikaner.
Die Inselgruppe erhielt ihren Namen nach dem Engländer Marshall,
der sie 1788 entdeckte. Seit 1878 befindet sich auf der Insel Jaluit eine
deutsche Kohlenstation, seit 1885 ist die Gruppe deutsch.
Die Gesamtzahl der Weißen beträgt zurzeit 73, davon 10 Frauen
(auf Jaluit allein 61), 45 hiervon sind Deutsche, 4 Engländer,
3 Amerikaner; von diesen gehören 13 der Mission an, 16 sind Kaufleute.
Die übrigen verteilen sich fast auf alle Nationalitäten der Welt. Beson-
ders sind die Chinesen, wie in der ganzen Südsee, stark vertreten. Sie
haben fast alle Stellungen als Handlungsgehilfen, Köche usw. inne.
Für junge Europäer solcher Stellungen ist dies kein Gebiet.
Auf Jaluit, das seit 1888 auch einen Kaiserlichen Kommissar
und eine Kaiserliche Postagentur beherbergt, befinden sich 24 Deutsche.
Sowohl die Hamburger Jaluitgesellschaft wie die Pacific-Islands“=
Company in London, ebenso unsere Kriegsschiffe befördern die Post-
sendungen, die erste Gesellschaft von Sydney über Jaluit, Ponape, Ruck,
Jap nach Palau und zurück. Die Post findet in Ponape Anschluß an den
Reichspostdampfer der Zweiglinie Hongkong-Sydney. Die Postverbindung