Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1908. (74)

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8 8. In allen Klassen, auch in den obersten, hat die praktisch-erbauliche Rücksicht insoweit Bemerkungen. 
zu walten, daß der Unterricht nie den Charakter einer bloß verstandesmäßigen Unterweisung 
annehmen oder einseitig auf die Einprägung eines bestimmten Wissensstoffes bedacht sein darf. 
Die Glaubens= und Sittenlehre in Klasse IIIa und IIb ist unter Fernhaltung aller 
unnötigen Systematik in möglichst engem Anschluß an den früher genossenen Katechismus- 
unterricht, die Kirchengeschichte auf dieser Stufe vorwiegend biographisch zu behandeln. Wenn 
auch diese Behandlung dann auf der Oberstufe aufzugeben ist, so sei doch ausdrücklich gewarnt 
vor der Herbeiziehung unfruchtbaren Wissensstoffes und dem Bestreben nach Vollständigkeit in 
den Einzelheiten. Im Mittelpunkte des gesamten Religionsunterrichtes hat auf allen 
Stufen die Heilige Schrift zu stehen. Es ist dafür zu sorgen, daß dies namentlich auch in 
den Klassen III a und Ub der Fall ist und nicht etwa in diesen die Schriftlektüre zugunsten 
elner übermäßig eingehenden Behandlung der sonstigen Aufgaben dieser Stufe ungebührlich 
verkürzt wird. Wird der Unterricht an einer Anstalt von mehreren Lehrern erteilt, so haben 
sich diese wegen der einzuhaltenden Lehrgänge und der zu stellenden Forderungen zu einigen. 
Bei jedem geeigneten Anlasse haben die Religionslehrer den Schülern die Verpflichtung 
zum regelmäßigen Besuche des Gottesdienstes nahezuführen. Die Texte der vorangegangenen 
oder bevorstehenden Sonn= und Festtage sind öfters im Unterrichte kurz zu besprechen. 
Beutsch. 
8 9. Der deutsche Unterricht hat die Schüler dahin zu fördern, daß sie in ihrer Mutter- Lehrziel. 
sprache schriftlich und mündlich ihre Gedanken klar, wohlgeordnet und sprachrichtig auszudrücken 
vermögen. 
Auf der obersten Stufe müssen sie ein in ihrem Gedankenkreise liegendes Thema ohne 
erhebliche Verstöße gegen die Denk= und Sprachgesetze sowie gegen den guten Geschmack in 
abhandelnder Form bearbeiten, auch über ihnen geläufige Stoffe sich mündlich im Zusammen- 
hange aussprechen können. Weiter ist zu verlangen, daß sie mit dem allgemeinen Entwickelungs- 
gange der deutschen Literatur und mit den hauptsächlichsten Kunstsormen der Poesie und Prosa 
bekannt sind, endlich, daß sie eine Anzahl von Meisterwerken deutscher Schriftsteller mit Ver- 
ständnis gelesen haben. 
8 10. Sexta, 7 Stunden (einschließlich 1 Stunde Geschichtserzählungen). Verteilung 
übungen im richtigen und sinngemäßen Lesen, im Nacherzählen von Gehörtem und Ge- aien. 
lesenem sowie im Vortragen gelernter kleiner Gedichte und Prosastücke aus dem Lesebuche. 
Durchnahme und feste Einübung der Lehre vom einfachen Satze und von seinen wesentlichsten 
Erweiterungen. Das Wichtigste über die Wortklassen (unter Anwendung der lateinischen 
Bezeichnungen), ferner über die Abwandlung der Haupt-, Für= und Zeitwörter. 
UÜbungen in der Rechtschreibung und im Gebrauche der wichtigsten Satzzeichen. 
1808. 14
	        
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