Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1909. (75)

8 21. Auf das gerichtliche Verfahren finden, soweit sich aus diesem Gesetze nicht 
etwas anderes ergibt, die allgemeinen Vorschriften Anwendung, welche für die durch 
Landesgesetz den ordentlichen Gerichten übertragenen Angelegenheiten der freiwilligen 
Gerichtsbarkeit gelten. 
Die Verhandlungen sind gebühren- und stempelfrei. Die baren Auslagen werden aus 
der Staatskasse bestritten. Zeugen und Sachverständige haben Anspruch auf Gebühren 
nach der Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige. Die im § 4 Absatz 2 Satz 2 
bezeichneten Personen können im Falle ihrer Vernehmung vor Gericht Ersatz der not- 
wendigen baren Auslagen verlangen; der Betrag der Auslagen wird vom Vormundschafts- 
gerichte festgesetzt. 
8 22. Die Kosten der Fürsorgeerziehung sind von dem nach § 7 verpflichteten Für- 
sorgeverbande zu tragen. Zu diesen Kosten gehört auch der Aufwand, der durch die Aus- 
stattung, durch die Zu= und Rückführung, durch eine etwaige Entweichung oder durch das 
Ableben des Zöglings entsteht. 
Die Kosten einer vorläufigen Unterbringung fallen, sofern die Uberweisung zur Für- 
sorgeerziehung demnächst endgültig erfolgt, dem zur Durchführung verpflichteten Fürsorge- 
verbande, andernfalls dem Staate zur Last. 
8 23. Die Fürsorgeverbände sind berechtigt, die Erstattung des ihnen durch die 
Fürsorgeerziehung und die vorläufige Unterbringung erwachsenen Aufwandes von dem 
Minderjährigen sowie von denjenigen zu fordern, welche dem Minderjährigen gegenüber 
während der Dauer der Fürsorgeerziehung und der vorläufigen Unterbringung nach dem 
bürgerlichen Rechte unterhaltspflichtig sind. 
Die zu erstattenden Beträge werden nach den Vorschriften über die Zwangsvoll= 
streckung wegen Geldleistungen in Verwaltungssachen eingezogen. Die Vorschriften in § 12 
des Gesetzes vom 1 8. Juli 1902 (G.-u. V.Bl. S. 294) finden auf die Haftung Dritter 
entsprechende Anwendung. 
In diesen Angelegenheiten kann sich der Fürsorgeverband der für die Zwangsvoll- 
streckung zuständigen Verwaltungsbehörden bedienen. 
Unterbleibt die Erstattung, so gilt der unerstattet bleibende Aufwand dem Erstattungs- 
pflichtigen gegenüber als Armenversorgung. 
Die Hälfte der eingezogenen Beträge ist dem Staate auf seinen Zuschuß zu gewähren. 
8 24. Soweit die Erstattung des Aufwandes von dem Minderjährigen oder den ihm 
gegenüber Unterhaltspflichtigen nicht zu erlangen ist, kann der nach § 7 verfflichtete 
Fürsorgeverband verlangen, daß ihm die Hälfte des Aufwandes aus der Staatskasse er- 
setzt werde.
	        
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