Kirchenrecht. 337
Studien IX, 1908; v. Hussarek, Die bedingte Eheschließung, 1892; Köstler, Die väterliche
Ehebewilligung, Stutz, Kr. A., 51. H., 1908; Sehling, Zur Lehre von den Willensmängeln
im kanonischen Recht, Erlanger Festschrift, 1901; Schoen, Beziehungen zwischen Staat und
Kirche auf dem Gebiet des Eherechts, Göttinger Festschr. f. Regelsberger, 1901; Fahrner
((21, 2); Dumas, Histoire de l'indissolubilité du mariage en droit français, These, 1902,
Böckenhoff, Die römische Kirche und die Speisesatzungen, Th. O, LXXXVIII, 1906, Speise-
satzungen mosaischer Art in mittelalterlichen Kirchenrechtsquellen, 1907; vgl. auch die Lit. zu
IK 21, 2, 3, 26, 3 und 87.
§ 32. Die streitige Gerichtsbarkeit.
Die Ehesachen machen einen Hauptbestandteil der Streitgegenstände aus, die nach dem
Dekretalenrecht, weil rein geistlicher Natur (causae mere spirituales), vor den geistlichen Richter
gehören. Mit den Patronat= (5 31, 1), Pfründ= und Zehntstreitigkeiten zieht er auch Verlöbnis--,
Dotal-, Status-, Testaments- und mit einem Eid bestärkte Vertragsangelegenheiten als spiri-
tualibus annexae oder mixtae vor sein Forum, wozu dann noch die Streitigkeiten der miserabiles
personae, also der Armen, Witwen, Waisen, Kreuzfahrer, kommen, von Rechtsverweigerungs-
fällen und den causae clericorum, die, wenigstens wenn der Beklagte Kleriker war, selbst-
verständlich vom geistlichen Gericht beansprucht wurden, ganz abgesehen. Diese Ausdehnung
der geistlichen Gerichtsbarkeit begegnete zwar in den Städten einer zum Teil erfolgreichen
Opposition, fand aber im allgemeinen Anklang, weil das schriftliche Verfahren und die durch
die Verkrüppelung der weltlichen Gerichtsbarkeit erst zu voller Wertschätzung gelangende Sicher-
heit der Vollstreckung sie dem Rechtsuchenden erwünscht machten.
Luchaire, Manuel §# 65, 279; Germingpon BG. 5 28; v. Bethmann-
Hollwe 88 Der Civilprozeß des gemeinen Rechts, VI, 1, 1874; Jacobi, Der Prozeß im
Decretum Gratiani und bei den ältesten Dekretisten, f. R. III, 1913; Ott, Kirchliche Gerichts-
barkeit, Osterr. Staatswörterbuch ", III, 1907; Groß, Die Beweistheorie im kanonischen Prozeß,
2 Teile, 1867, 1880; Wahrmund, Der Parvus ordinarius, A. f. k. Kr. LXXXI, 1901, Actor
et reus, A. f. k. Kr. LXXIX, 1899, Quellen zur Geschichte des römisch-kanonischen Prozesses im
Mittelalter I, 1905—07, II, 1, 1913;Bauchet, Origines de la juridiction ecclésiastique
et son développement en France jusqufau 13 siècle, N. r. h. VII, 1883; P. Fournier,
Les conflits de ziurichetion entre Péglise et le pouvoir séculier (1180—1328), R. ⅛| h.
XXVII, 1880; Rieder, Das geistliche Gericht des Hochstifts Konstanz in Zürich, A. f.
k. Kr. LXXXIII, 1903; Tadra, Acta iudiciaria consistorl Pragensis, I—VII (1373—1424),
1893 ff. (auch im Historicky Archiv); Ulanowski, Acta capitulorum necnon iudiciorum
ecclesiasticorum selecta (Gnesen-Posen 1403—1530), I, II (= Mon. medil acvi hbist. res gestas
Poloniae illustr. XIII. XVI) 1894, 1902; Maschke, Aus dem Urteilsbuch des geistlichen Gerichts
Augsburg, Festgabe f. Hänel, 1907; Génestal, Le Proces sur I’état de clerc, Ecole prat. des Hautes
Etudes, Sect. de sc. rel., 1909; Ober, Die Rezeption der kanonischen Zivilprozeßformen.
im geistlichen Gericht zu Straßburg, A. f. k. Kr. XC, 1910; vgl. auch die Lit. zu § 30, 3.
§s# 33. Strafrecht und Strafverfahren, Ketzerinquisition.
Auch das kanonische Strafrecht ist universal und, wennschon nur von Fall zu Fall ent-
standen, wissenschaftlich durchgebildet. Doch dient auch es der Beherrschung der Welt, deren
Obrigkeit sich ihrer Aufgabe ja so wenig gewachsen zeigt, daß die Kirche ihr sogar die Friedens-
bewahrung abnimmt im Institut des Gottesfriedens, treuga Dei (in Südfrankreich seit 1040)
mit seinen gebundenen Tagen (Donnerstag bis Montag) und seinem Dauerschutz für Leute
und Werkzeuge des Friedens (Bauem, Arbeitsgerät). Und es ist ausgesprochen hierarchisch,
geht also namentlich aus auf den Schutz der kirchlichen Amtsträger und des kirchlichen Eigen-
tums (Qualifizierung des Raubs, Diebstahls und der sonstigen Verletzung von Kirchengut) und
erstrebt besonders im Disziplinarstrafrecht die Durchführung des Zölibats, die Sicherung der
Freiheit der kirchlichen Wahlen, die Ahndung der Simonie. Für solche Zwecke benutzt es un-
bedenklich auch Strafmittel, die Unschuldige mittreffen, wofür die häufige Verwendung des
Lokalinterdikts, zumal als interdictum ambulatorium, d. h. für den jeweiligen Aufenthaltsort
des Verbrechers, und die Bestrafung der Nachkommen für Delikte ihrer Vorfahren (seit dem
13. Jahrhundert bei Ketzerei) Beispiele sind. Auch die Verhängung der Exkommunikation zu
Exekutionszwecken für Geldforderungen (z. B. der Kurie auf Verleihungsgebühren) begreift
sich nur vom Standpunkt der mittelalterlichen Vermengung geistlicher und materieller Dinge
aus. Gerade die übertriebene Härte veranlaßte aber auch wieder Abschwächungen, die schließlich
Enzyklopädie der Nechtswifsenschaft. 7. der Neubearb. 2. Aufl. Band V. 22