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ihrer gesetzlichen Vertreter, der Aufnahme zu widersprechen oder die Entlassung zu
verlangen, berührt es nicht.
Auch läßt es das Recht der Landesirrenanstalten unberührt, in anderen als den
vom Gesetze bezeichneten Fällen Geisteskranke aufzunehmen.
§ 2. Die Gemeinden und Ortsarmenverbände bleiben verpflichtet, für Geistes-
kranke bis zur Entscheidung über deren Aufnahme ein angemessenes Unterkommen
zu schaffen (zu vergl. die Instruktion zur Verordnung vom 23. August 18744, G.= u.
V.-Bl. S. 138). Die von den Bezirksverbänden ausgenommenen Städte haben
außerdem für Fälle vorübergehender geistiger Erkrankung Stationen zu unterhalten.
Bevor das Gesetz in Kraft tritt, bestimmt die Direktion der zuständigen Landes-
Heil= und Pfleganstalt nach Gehör des beteiligten Bezirksarztes, wer von den Insassen
einer Gemeinde= oder Bezirksanstalt unter das Gesetz fällt; nötigenfalls ist nach § 2
des Gesetzes zu verfahren.
§ 3. Das Gutachten, welches dem Aufnahmeantrage beizufügen ist, muß von
einem staatlich approbierten Arzt ausgestellt sein und auf persönlicher Untersuchung
beruhen. Es gilt vier Wochen vom Tage der Untersuchung an.
Sollen Kranke aus der Psychiatrischen und Nerven-Klinik der Universität Leipzig
in eine Landesanstalt überführt werden, so ersetzt das Gutachten, welches die Direktion
der Klinik ausgestellt hat, das Gutachten des Bezirksarztes.
§ 4. Die Beschwerden an die Kreishauptmannschaft sind Eilsachen.
Die Kreishauptmannschaft entscheidet in kollegialer Zusammensetzung.
Braucht die Kreishauptmannschaft zur Vorbereitung ihrer Entschließung das
Gutachten eines weiteren Psychiaters, so hat dieses Gutachten das Landesgesundheits-
amt abzugeben.
§ 5. Beruht die Ablehnung der Anstaltsdirektion nur darauf, daß der Zustand
des Aufzunehmenden Anlaß zu Zweifeln darüber bietet, ob die gesetzlichen Voraus-
setzungen zur Irrenanstaltspflege gegeben sind, so darf die Kreishauptmannschaft mit
Zustimmung des Beteiligten oder seines gesetzlichen Vertreters eine Beobachtung in
einer Landes-Heil- und Pfleganstalt anordnen. Die Anstalt selbst bestimmt das
Ministerium des Innern. Die Unterbringung darf höchstens drei Monate dauern.
Innerhalb dieser Frist hat die Kreishauptmannschaft endgültig zu entscheiden.
§ 6. In anderen als den von § 2 des Gesetzes bezeichneten Beschwerdefällen
steht den Beteiligten gegen Entschließungen der Anstaltsdirektionen die Beschwerde
an das Ministerium des Innern zu.
§ 7. Bei der Unterbringung von Landarmen und in den Fällen von 88 33, 60
des Unterstützungswohnsitzgesetzes haben die Kreishauptmannschaften in Vertretung
Zu § 3 des
Gesetzes.