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Nr. 109. Verordnung
über den Wegfall des Schulgeldes in der öffentlichen Volks- und Fort—
bildungsschule und über die Einführung der allgemeinen Volksschule;
vom 12. Dezember 1918.
§ 1. Für die zum Besuche der Ortsschule verpflichteten Volks= und Fort-
bildungsschüler darf kein Schulgeld erhoben werden.
§ 2. 1. Die Volksschulen sind als allgemeine Volksschulen für alle Kinder des
Schulbezirks ohne Unterschied des Vermögens und der Religion einzurichten.
2. Sittlich verwahrloste Kinder sind vom Schulbesuche auszuschließen, wenn
durch ihr Verbleiben in der Schule die sittliche oder die leibliche Wohlfahrt ihrer
Mitschüler gefährdet wird. Wird keine Fürsorgeerziehung angeordnet, so haben
die Erziehungspflichtigen für entsprechenden Unterricht anderweit zu sorgen.
3. Für Kinder, die wegen schwacher Befähigung nicht mit Erfolg am Unter-
richte der Volksschule teilnehmen können, sollen Hilfsschulen oder Hilfsschulklassen
eingerichtet werden. Soweit dies nicht möglich ist, soll durch die Schulgemeinde
Nachhilfeunterricht gewährt werden.
4. Zur Errichtung von Privatschulen für solche Kinder, die nach ihrer körper-
lichen und geistigen Veranlagung und Beschaffenheit unbedenklich am Unterrichte
der allgemeinen Volksschule teilnehmen können, soll künftig in der Regel keine
Genehmigung mehr erteilt werden.
§ 3. 1. Wo es die Verhältnisse gestatten, sollen die Kinder im dritten Schul-
jahre wenigstens 20 Unterrichtsstunden, im vierten Schuljahre wenigstens 22, vom
fünften Schuljahr an die Knaben wenigstens 26 (ausschließlich Turnunterricht), die
Mädchen wenigstens 24 (ausschließlich Handarbeits-, Turn-, Haushaltungs- und
Kochunterricht) erhalten.
2. Innerhalb der allgemeinen Volksschule können Abteilungen mit verschiedenen
Bildungszielen errichtet werden; der Lehrgang höherer Abteilungen kann sich auf
ein 9. und 10. Schuljahr erstrecken.
Die Verteilung der Schüler auf die Abteilungen geschieht lediglich mit Rück-
sicht auf Begabung und Leistungen.
§ 4. 1. Die Bewohner des Schulbezirks ohne Unterschied der Religion bilden
die Schulgemeinde.
2. Wegen Vereinigung der seitherigen Schulgemeinden des Bekenntnisses der
Minderheit mit den Schulgemeinden des Bekenntnisses der Mehrheit haben sich