Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

8 23. Das freie Vereinswesen. 145 
das Mals der Aufsichtsrechte als Bedingung von Fall zu Fall fest- 
zustellen, welches er seinem Interesse für entsprechend erachtet. 
Und hierdurch geschieht es, dals der Staat gerade in der Form 
des öffentlich regulierten Verbandes die Angliederung nach Zahl und 
Art unbestimmter korporativer Verbände an seine Organisationen und 
an seine Funktionen im Verhältnis der Selbstverwaltung bewerk- 
stelligen kann. 
$ 28. 
Das freie Vereinswesen. 
Il. Ist es die Angliederung an die Aufgaben und Organisationen 
des Staates, sind es trotz der korporativen Selbständigkeit oberste 
leitende Befugnisse desselben, welche die Selbstverwaltung ausmachen, 
so ist es die Verneinune eines solchen Verhältnisses zum Staate, 
welche die Freiheit des Vereinswesens begründet. Sie fordert, dals die 
Vereinsbildung und die Beteiligung daran, dafs die Setzung des gemein- 
schaftlichen Zweckes und seine Durchführung im einzelnen, ja dals 
eben darum in einem gewissen Sinne das Verhältnis zum Staate nur 
von den freien Entschlielsungen, von der Selbstbestimmung der Be- 
teiligten in den zutreffenden Rechtsformen abhängig sei. Durch diese 
Merkmale werden die gesellschaftlichen Erscheinungen bezeichnet, die 
die freien Vereine bilden. 
Mit der erundsätzlichen Anerkennung der Vereinsfreiheit im 
modernen Staate, in Deutschland hat das Vereinswesen eine An- 
passungs- und Leistungsfähigkeit entwickelt, welche sich in ihrer 
Fülle der genauen Feststellung und einer sichern Messung selbst für 
beschränktere Gebietsteile bis jetzt noch entzogen hat. Nur in gewissen 
allgemeinen Gruppen, die unter einem dreifachen Gesichtspunkte ge- 
bildet werden, lassen sich die einzelnen Erscheinungen zusammenfassen- 
l. Dem interessierten Personenkreise nach unterscheiden 
sich die privaten, die gemeinnützigen und die gemischten Ver- 
eine. Die ersteren sind ausschliefslich auf die Interessenförderung ihrer 
Mitelieder gerichtet, wie die in wirtschaftlichen Vorteilen derselben oder 
im geselligen Austausch sich erschöpfenden. Die zweiten setzen sich 
Aufgaben, welche eine über das Individualinteresse ihrer Mitglieder 
hinausliegende Leistung bezwecken. Die gemischten Vereine fassen 
die Förderung ihrer Mitglieder entweder zunächst und vorzugsweise 
oder doch konkurrierend ins Auge, jedoch in dem Bewulstsein und mit 
der Absicht, dadurch zugleich eine gemeinnützige Wirkung herbeizu- 
führen, wie regelmälsig die Vereine für wissenschaftliche, künstlerische, 
Binding, Handbuch. V. 1: Hänel, Staatsrecht. I. 10
	        
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