Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 23. Das freie Vereinswesen. 149 
doch von besonderer Erlaubnis abhängig ‚gemacht, wenn sie eine be- 
sondere Form der Organisation annehmen oder unter besonderen 
Umständen zusammentreten. So die besondere Gehorsamsverpflichtung 
des Strafgesetzbuches a. 128, so die Verzweigung bei politischen Ver- 
einen, so die Form der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft für 
andere als die im Gesetz bezeichneten Zwecke, so die Versammlungen 
unter freiem Himnel. 
Teils wird einzelnen Personen die Beteiligung wenigstens an ge- 
wissen, an sich erlaubten Vereinen untersagt. So insbesondere den 
Mitgliedern der bewaffneten Macht, Schülern, Frauen, Lehrlingen. 
Teils endlich werden wenigstens für gewisse Vereine besondere 
Anforderungen im Sinne von vorbeugenden Ordnungsvorschriften er- 
hoben, wie insbesondere die Anzeige der Vereine und Versammlungen, 
die Bezeichnung verantwortlicher Unternehmer und Leiter, die Zu- 
lassung überwachender Beamten, das Verbot des Erscheinens Be- 
waffneter. 
Selbstverständlich ist es, dafs dem Staate für.die.Einhaltung aller 
dieser Begrenzungen und Beschränkungen die erforderlichen Straf- 
und Zwangsmittel zu Gebote gestellt werden. Insbesondere aber ist 
ihm das Recht der Überwachung des Vereinslebens schlechthin 
und allgemein zugesprochen. Denn strafrechtlich verboten ist jede 
Teilnahnıe an solchen Verbindungen, deren Dasein, Verfassung oder 
Zweck vor der Staatsresierung geheim gehalten werden soll?. 
b. Aber nicht in Begrenzung und Beschränkung allein besteht 
die Aufgabe des Staates gegenüber dem freien Vereinswesen. Er ist 
zur positiven Förderung desselben gedrungen. Es geschieht 
dies nicht nur in Anerkennung der Gemeinnützigkeit, welche seine 
Leistungen aufweisen, sondern unter dem Zwange der Thatsache, 
dals der Staat, wie auch die Gemeinde, auf gewissen socialen Gebieten 
entweder überhaupt einen Einfluls ohne das Mittel des freien Vereins- 
wesens nicht gewinnen kann oder dafs doch seine eigene Thätigkeit 
auf die Ergänzung und Unterstützung durch dasselbe angewiesen ist. 
Die Gebiete der vorbeugenden, „freiwilligen“ Armenpflege, der Kinder- 
pfleze, der Bekämpfung von Unsittlichkeiten, des landwirtschaftlichen 
Vereinswesens bieten hierfür greifbare Beispiele. 
Es liegst in der Natur der Sache, dafs regelmälsig weder die 
Voraussetzungen, unter denen, noch die Mittel, mit denen der Staat 
die Förderung der freien Vereinsthätigkeit bewirkt, einer allgemeinen 
gesetzlichen Regelung fähig sind. 
? Strafgesetzb. a. 128.
	        
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