Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

162 I. Buch. Die Grundlagen des deutschen Staates. 
allein entscheidet über die Frage, welches Organ des Staates zur 
Trägerschaft der Rechte und Pflichten legitimiert ist, unter welchen 
Voraussetzungen und in welchen Formen es über dieselben verfügen 
kann, genau so wie das Privatrecht über die Rechts- und Handlungs- 
fähigkeit der anderen Seite befindet. 
‘b. Die Frage, welche vermögensrechtliche Verhältnisse des Staates 
kraft öffentlichen Rechtes und welche durch Anwendung des Privat- 
rechtes geordnet werden, läfst sich nicht aus der Natur des einen oder 
des anderen ableiten. Die Grenzberichtigung zwischen beiden erfolgt 
nach dem legislativen Gesichtspunkte, dafs da, wo der Staat seine 
Aufgaben von der wirtschaftlichen Seite her sicherstellen kann ohne 
Rückgriff auf seine specifische Machtstellung, er sich dieses Rück- 
griffes zu enthalten hat. Das positive Recht entscheidet. 
Daher geschieht es, dafs in manchen Fällen der Staat ermächtigt 
ist, nach seinem Ermessen festzustellen, ob er gewisse Bedürfnisse 
auf den Wegen des Privatrechtes decken, oder ob er sich die ent- 
sprechenden vermögensrechtlichen Leistungen kraft. seiner Befehls- 
und Zwangsgewalt verschaffen will. So bei den Kriegs- und Friedens- 
leistungen für das Heer. 
Daraus ergiebt sich, wie gerade auf dem Gebiete der Staatswirt- 
schaft die Erscheinung vorzugsweise eintritt, dafs das nämliche Ver- 
hältnis je nach dem eingenommenen legislativen Standpunkte einer 
verschiedenen rechtlichen Behandlungsweise unterliegt. Es tritt dies 
ein insbesondere, wenn es sich um Entschädigungspflichten bei staat- 
lichen Eingriffen in das Privatrecht im Einzelfalle handelt oder wenn 
in öffentlichrechtlichen Dienstverhältnissen vermögensrechtliche Gegen- 
leistungen von dem Staate zu gewähren sind oder wenn wirtschaft- 
liche Leistungen des Staates nur gegen Entgelt geboten werden. 
| Das Hauptbeispiel für den ersten Fall bietet die Enteignung. 
Es kann hier die Entschädigung als ein mit dem öffentlichrechtlichen 
Enteignungsakt gesetzlich verknüpftes Privatrecht betrachtet werden; 
alsdann hat das Entschädigungsverhältnis zum verpflichteten Subjekt 
den Unternehmer als solehen, gleichgültig ob dies der Staat oder ein 
Privater ist, und die vorgängige Feststellung der Entschädigung im 
Verwaltungswege hat nur die Bedeutung einer vorläufigen Abwicklung 
des Privatrechtsverhältnisses und kann daher auch in konkreter Lage 
wegfallen. Es kann aber auch die Entschädigung als ein Öffentlich- 
rechtlicher Anspruch gegen den Staat erachtet werden, kraft dessen 
dieser einen vermögensrechtlichen Ausgleich für eine ungleichmäfsig 
wirkende Aufopferung von Privatrechten durch sein Verfahren zu be- 
wirken hat, gleichgültig ob dies aus allgemeinen Mitteln oder aus der
	        
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