108 I. Buch. Die Grundlagen des deutschen Staates.
recht und öffentlichem Recht. Allein hiervon hat das positive Recht
wesentliche Abweichungen geschaffen. Bald, um die Verwaltung von
schleppenden Formen und hemmenden Kontrollen zu befreien, ist,
wenn auch in selteneren Fällen und regelmälsig nur mit der Kraft
einer Vorentscheidung, der Verwaltungsweg für zweifellose Privat-
rechtssachen vorgeschrieben, bald umgekehrt, um den subjektiven
Rechten eine erhöhte Bürgschaft ihrer Unantastbarkeit zu gewähren,
wird der Rechtsweg in Streitigkeiten um öffentliches Recht gewährt;
bald endlich bewirkt die in den einzelnen Fällen verschiedene Ent-
scheidung der Frage eine Verschiebung, ob die privatrechtliche For-
aulierung des Klaganspruches den Rechtsweg auch dann festhält,
wenn demselben die öffentlichrechtliche Natur des begründenden Rechts-
verhältnisses oder ein das Privatrecht hemmendes oder aufhebendes
öffentliches Recht entgegengesetzt wird, oder ob in diesem Falle die
Überleitung auf den Verwaltungsweg überhaupt oder doch für den
öffentlichrechtlichen Incidentpunkt stattfindet!®. Hierdurch geschieht
es denn aber, dals gerade auf den für eine scharfe Begriffsentwicke-
lung kritischen Gebieten das Merkmal der Gewährung oder Versagung
des Rechtsweges für die Unterscheidung von Privat- und öffentlichem
Rechte im Stich lälst.
Nach dem allen und trotz der Erweiterungen und Verengerungen,
die die allgemeine Begriffsbestimmung erfährt, abgesehen allerdings
von den fiskalischen Verhältnissen, bleibt das entscheidende Kriterium
das Subjekt der Rechte und Pflichten, welches als Faktor an der
Kulturarbeit eines Volkes in specifischer Stellung und Organisation,
mit specifischen Aufgaben und Thätigkeiten beteiligt ist und dadurch
die gesellschaftlichen Verhältnisse in specifischer Weise gestaltet.
Das öffentliche Recht hat zum Stoffe die specifische Stellung
und Organisation, die specifischen Aufgaben und Thätigkeiten des
Staates, als des obersten korporativen Verbandes eines Volkes, ein-
schliefsliich der ihm eingegliederten Selbstverwaltungskörper; das
Kirchenrecht die der Kirche. Das Privatrecht aber elini-
niert in seinen rechtlichen Gestaltungen der gesellschaftlichen Ver-
hältnisse die Faktoren des Staates, der ihm eingegliederten Selbstver-
waltungskörper und der Kirche. Es hat zum Stoffe die gesellschaft-
liche Behauptung und Bethätigung der Privatfreiheit. Aber diese
13 S, insbesondere Wach, Civilprozefsrecht S. 107 ff. Allein der Satz,
dafs bei der Leistungs- und positiven Feststellungsklage die klägerische Be-
hauptung über die Zulässigkeit des Rechtsweges entscheide, ist am Mafsstabe
des positiven Rechtes (Steuer-, Wegesachen) zu allgemein. Vgl. ebenda S. 108
Note 80.