$ 31. Das Problem des Bundesstaates. 203
than, seine Unterthanen sind nur mittelbare Reichsunterthanen.
Die Staatsgewalt, d. h. die Suveränetät und die normative Regelung
der Rechte derselben, steht der Gesamtheit der verbündeten Staaten
zu, die endgültige Ausübung der Suveränetätsrechte, d. h. die po-
sitive und unmittelbare Durchführung der staatlichen Aufgaben, den
Partikularstaaten unter der Aufsicht des Ganzen, sagt Rümelin.
Allein ein solches politisches Gemeinwesen, welches nur durch und
mittels Staaten handeln und wirken könnte, würde notwendig eine
ganz andere Gestalt seiner Rechts- und Machtmittel, seiner rechtlichen
Wirkungsweise, die sich nur gegen Einzelstaaten als solche richten
dürfte, aufweisen als der Einheitsstaat; dasselbe würde, wenn es in
soleher Wirkungsweise sein Genüge fände, anders als der Einheits-
staat nicht die Kultur seines Volkes, sondern nur die Verstärkung
der Einzelstaaten behufs Erfüllung der ihnen gestellten Aufgaben an
ihren Bürgern zum Zwecke haben können”.
Dem allen gegenüber handelt es sich für den Bundesstaat nicht
darum, ob ihm diese oder jene herausgegriffene Eigenschaft des Staates
zukomme oder abgehe, sondern darum, ob alle wesentlichen Merk-
male desselben auf ihn zutreffen, mithin
ob seine Aufgaben staatsartige,
ob seine Rechts- und Machtmittel, also seine Wirkungs-
weisen staatsartige sind,
ob ihm endlich das oberste Kennzeichen der Suveränetät
zuzusprechen ist.
Nur ein solches allseitiges Zutreffen kann das deutsche Reich
zum Staate machen, aber es würde uns auch nötigen, nicht nur mit
G. Meyer? den Allgemeinbegriff eines suveränen politischen Gemein-
wesens, sondern den konkreten Beeriff und die konkrete Bezeichnung
des Staates schlechthin auf dasselbe anzuwenden.
letzteren zur Durchführung seiner Kompetenzen bedienen könne. Nur aller-
dings tritt jene an die Spitze gestellte Formulierung in den Detailausführungen
Labands vielfach als ein Konstruktionsbehelf auf, der nach den Modifizierungen
seiner Auffassung durch nichts mehr gerechtfertigt wird.
"S. Hänel, Zur Kritik der Begriffsbestimmung des Bundesstaates, in
Hirths Annalen 1877 S. 78 fl.
$S Seine Auffassung — Grundzüge des nordd. Bundesrechtes S. 24 —,
dafs ein Bund niemals suverän sei, hat derselbe aufgegeben, dagegen hält er
in den Staatsrechtlichen Erörterungen über d. d. R.V. — 8. 16 und 81 —
daran fest, „dafs die Behauptung, im Bundesstaate sei auch die centrale Or-
ganisation wirklicher Staat, eigentlich gar nichts besagen will“. Dem-
gemäls bezeichnet er auch in seinem Lehrbuch d. deutschen Staatsrechtes das
Reich und die Reichsgewalt niemals als Staat und Staatsgewalt.