208 I. Buch. Die Grundlagen des deutschen Staates.
lich dazu berufen, eines dieser Hauptorgane des Reiches, dem aller-
dings wesentliche Rechte der Reichseewalt zustehen, kraft ihrer
Mitgliedschaftsrechte zu besetzen und dessen Willensbildung zu be-
einflussen,, nicht anders als wie der Kaiser, als ein anderes Haupt-
organ des Reiches, zu einem anderen Teile wesentliche Rechte der
Reichsgewalt ausübt und dem Reichstage, als einem Dritten zur
Repräsentation der Staatsangehörigen berufenen ÖOrsane eine be-
stimmte veriassungsmälsige Beteiligung an der Willensbildung des
Reiches zusteht.
Jedoch — ein erster Blick lehrt, dafs, unbeschadet gemeinsamer
oberster Grundzüge. es gerade die Organisation ist, auf welcher die
Eigenartigkeit jedes der drei Bundesstaaten beruht. Unter diesem
Gesichtspunkte aber bieten die politischen Thatbestände, die dem
Reiche und seinen Teilen zu Grunde liegen, der rechtlichen Betrach-
tung aulserordentliche Schwierigkeiten.
Der Unterschied der Gröfsenverhältnisse zwischen den einzelnen
deutschen Staaten, die Vormachtstellung Preufsens stellte die Auf-
gabe, in die Struktur des Bundesstaates ein hegemonisches
Element einzufügen. Nur durch den Nachweis der recht-
lichen Gestaltung der preulsischen Hegemonie wird
der Begriff des Bundesstaates für Deutschland über
ein abstraktes Schema hinausgehoben.
Unter 25 deutschen Einzelstaaten sind 22 monarchisch organisiert.
Von jeher aber galt es als ein unlösbares Problem, Monarchieen in
eine über den Staatenbund hinausliesende Verbindung einzufügen. In
der That — der Begriff der Monarchie, wie er über den Einheitsstaat
abgezogen ist, das monarchische Prinzip, wie es fordert, „dals die
gesamte Staatsgewalt in dem Oberhaupt des Staates vereinigt
bleibe“ ®®, ist unvereinbar mit der Unterordnung von Monarchieen und
Monarchen unter eine Staatsgewalt. Beide können, wenn nicht der
gleiche Name eine vollkommene Umgestaltung des Begriffes und des
Wesens nur verdecken soll, unter dem Bundesstaate nicht bestehen in
den Einzelstaaten, sie können nur sich wiederfinden in der Organisation
der Reichsgewalt.e. Die Monarchie im Sinne eines festen wissenschaft-
lichen Begriffes ist in Deutschland, allen verdunkelnden und be-
schönigenden Redensarten zum Trotze, nur darstellbar im Kaisertum
und nirgends sonst. An den verfassungsmäfsigen Attri-
buten des Kaisertums allein entscheidet es sich, ob die
Monarchie in Deutschland besteht oder nicht besteht.
3 Wiener Schlufsakte a. 57.