Vorbemerkungen.
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Die formelle Natur der Kompetenz.
Die Verfassungen im formellen Sinne, die Verfassungs-
gesetze entsprechen nicht der Verfassung im materiellen Sinne!.
Ihr Inhalt ist unter dem systematischen Gesichtspunkte ein zu-
fälliger, der sich über alle Seiten des Staatslebens, auf die Organisation,
die Regierung und die Verwaltung des Staates erstreckt. Die historische
Entwicklung, die Individualität des Gesetzgebers und selbst der Zufall
des Augenblickes haben überall darüber entschieden, welche einzelnen
Rechtssätze der Erhebung zum Verfassungsgesetz wert und bedürftig
erachtet worden sind.
Nur durch den einen Gesichtspunkt sind alle ihre disparaten Ele-
mente zusammengehalten, dafs sie der Absicht des Gesetzgebers nach die
obersten, vor dem Wechsel und vor Verletzung in hervorragender
Weise geschützten Direktiven für die gesamte Thätigkeit des Staates,
nicht nur für seine Vollziehung, sondern selbst für seine Gesetzgebung
bilden sollen.
Insbesondere weisen die Verfassungen der Einheitsstaaten, auch
diejenieen, die sich den Anstrich eines umfassenden Lebensplanes
geben, nirgends die Absicht auf, den Wirkungskreis des Staates, seine
Aufgaben und Mittel, kurz seine Kompetenz in erschöpfender Weise
und in specialisierten Klauseln verfassungsgesetzlich festzulegen, in-
haltlich zu bestimmen und gegen die andern gesellschaftlichen Faktoren
abzuerenzen. Überall enthalten hier entweder die Verfassungen selbst
oder die neben denselben in anerkannter Geltung stehenden Rechts-
sätze so weite und allgemeine rechtliche Ermächtigungen für die selbst-
herrliche Gestaltung der Kompetenz des Staates, um nicht nur in den
erschwerten Formen der Verfassungsänderung, sondern auch im Wege
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