Erster Teil.
Die gemeingültige Kompetenz.
I. Hauptstück.
Die Regierungsgewalt.
$ 35.
Die grundsätzliche Gestaltung der Regierungsrechte des Reiches.
Der Einheitsstaat wird in aller Mannigfaltigkeit seiner Erscheinung
mit innerer Folgerichtigkeit die Gestaltung seiner Regierungsrechte
nach dem Grundsatze zu bewirken suchen, dals ihm die Fülle aller
der Befugnisse zustehen muls, welche erforderlich und geeignet sind,
um die Aufgaben, die ihm in der Kulturentwickelung des Volkes zu-
geschrieben sind, mit Sicherheit, Stetigkeit und Nachdruck zu er-
reichen. Allerdings nicht immer und nicht überall wird die Geschichte
der Staaten dieser Anforderung gerecht. Wir sehen den Staat in den
Zeiten der Despotie und des Absolutismus eine Weite der Ermäch-
tisungen für sich in Anspruch nehmen, die weit über das hinausgreift,
was eine geläuterte Auffassung seines Wesens rechtfertist. Umgekehrt
bleibt nicht selten, in den Zeiten erster Entwickelung oder des ‘Ver-
falls, die Macht und das Recht des Staates hinter seinen anerkannten
Aufgaben zurück. Aber trotzdem sind wir gedrungen, die Gesundheit
und Kraft eines Staatswesens zu messen an dem Gleichgewicht von
Zweck und Mitteln, an seiner „Selbstgenugsamkeit“. Diese
zu erhalten, fortzuentwickeln, den wechselnden Voraussetzungen an-
zupassen ist eine oberste Anforderung an eine erleuchtete Staatskunst
und damit zugleich an die Technik des Rechtes.
Das gilt selbstverständlich auch für das zusammengesetzte Staats-
wesen. Allein in seiner Zusammensetzung ist auch an diesem Punkte
15 *